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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Deutsche besorgt über Firmenabwanderung und Jobverlust -Skepsis gegenüber dem Osten


PC-Oldie-Udo
27-03-2004, 15:13
27. März 2004

Skepsis gegenüber dem Osten

Deutsche besorgt über Firmenabwanderung und Jobverlust


Vier Wochen vor der Erweiterung der Europäischen Union sehen die Deutschen dem Beitritt von zehn vorwiegend osteuropäischen Staaten mit Skepsis entgegen. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Polis für das Nachrichtenmagazin "Focus" rechnen 81 Prozent der 1.002 Befragen damit, dass immer mehr Firmen ihren Standort von Deutschland in die neuen EU-Staaten verlegen.

71 Prozent erwarten nach der Umfrage, dass in Deutschland die Arbeitslosigkeit steigt und die Löhne sinken, weil es mehr billige Arbeitskräfte geben werde. Positiv an der Erweiterung werden vor allem die kulturelle Bereicherung (66 Prozent) und die neuen Märkte für die deutsche Wirtschaft (64 Prozent) gesehen.




Wirtschaftsexperten und Politiker erblicken dagegen in einer größeren EU für Deutschland mehr Chancen als Risiken. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, zeigte sich im Gespräch mit dem Magazin überzeugt, dass Deutschland der "größte Nutznießer eines wachsenden europäischen Marktes" sein werde. Sogar für Mittelständler entstünden neue Absatz- und Betätigungsmöglichkeiten. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, forderte der Finanzexperte jedoch eine Senkung der Einkommensteuer.



EU-Agrarkommissar Franz Fischler sagte dem "Focus", 75 Millionen neue Konsumenten bedeuteten eine Riesenchance für die deutschen Bauern, weil die Erweiterung eine Entlastung für die schlechten Milchpreise bringen könnte. EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen sagte dem Blatt, dass Europa "eine größere Chance, die furchtbare Vergangenheit des 20. Jahrhunderts endgültig zu überwinden, nicht ein zweites Mal bekommt."

Dagegen befürchtet der Vorsitzende der Gewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, wachsende Arbeitslosigkeit vor allem in Problemregionen. Problematisch sei das eklatante Lohngefälle zwischen alten und neuen EU-Staaten. Die EU müsse deshalb frühzeitig Schutzmechanismen errichten, etwa durch eine Richtlinie zur Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen.



Der "Bild am Sonntag" sagte Verheugen, die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Osteuropa sei unausweichlich. "Dass Unternehmen in Billiglohnländern produzieren, um sich im Wettbewerb zu behaupten, ist ein Trend der Globalisierung. Die Globalisierung ist nicht mehr aufzuhalten, dafür ist es zu spät", zitierte das Blatt den EU-Kommissar.

Zugleich nahm Verheugen die Wirtschaft vor dem Vorwurf des mangelnden Patriotismus in Schutz. Solche Firmen dürfe man nicht pauschal beurteilen, weil sie nur das täten, was der Markt verlange. "Unpatriotisch ist, den Standort Deutschland runterzureden, anstatt das Seine zu tun, um den Standort Deutschland zu stärken", sagte Verheugen laut "Bild am Sonntag".

(N24.de, AP)
http://www.n24.de/politik/inland/index.php?a2004032714384981719