"Großer Preis des Grauens"
Mo 06.Sep. 16:38
Der Tod kommt täglich zu uns. Erdrutsch in Guatemala. Flutkatastrophe in Pakistan, Selbstmord-Attentate im Irak, Drogenkrieg in Mexiko. Andere Schauplätze schaffen es längst nicht mehr an die Spitze der Nachrichten. Ein Toter ist schon lange zu wenig, weshalb nicht viel zu hören und zu sehen war von Shoya Tomizawa.
Er starb in Ausübung seines Berufes. So als würde ein Bauarbeiter vom Gerüst fallen. Der Japaner war Motorradfahrer. Er stürzte und wurde von zwei Kollegen, die nicht mehr ausweichen konnten, überrollt. "Glaubt es ruhig, ich werde die Welt noch in Erstaunen versetzen." Dieser Satz steht auf der Internetseite des jungen Rennfahrers. Das haben in der Motorradszene viele auch zurecht geglaubt. Tomizawa galt als äußerst talentiert und sehr zielstrebig.
Stopp, Aus, Abbruch!
Jetzt bleibt nur noch die Erinnerung an den lebhaften und äußerst beliebten Sportler. Natürlich ist die Bestürzung groß. Vor allem und auch hauptsächlich im kleinen Zirkel der wagemutigen Motorrad-Elite. Jetzt wurden sie alle wieder einmal mit den Risiken ihres Berufes konfrontiert, mit den möglichen Auswirkungen eines einfachen Fahrfehlers, der jedem irgendwann mal unterläuft. Meist passiert wenig, aber eine Gewähr dafür kann niemand ausstellen.
Auch Tomizawa hat immer gesagt, dass er einen gefährlichen Beruf ausübe. Er wusste um die Gratwanderung zwischen Leben und Tod. Man hat ihn nach seinem Sturz schnell von der Piste getragen, wie ein Reh, das angefahren auf der Landstraße lag. Straße frei für den Verkehr. So konnte das Rennen ohne lästige Unterbrechung weitergehen. Einfach so. Nächste Kurve, nächstes Überholmanöver. Niemand hatte den Mut zu sagen: Stopp. Aus. Abbruch.
Und es war sicher nicht so, dass uns jemand damit mitteilen wollte: Seht her, ein Toter zwar, aber das Leben, das geht ja trotzdem weiter. Machen wir also kein großes Aufhebens um dieses kleine Missgeschick. Man hat den Tod in Misano einfach ignoriert, ihn beiseite geschoben. Neben dem Ende eines jungen Lebens ist das die eigentliche Katastrophe: Der Umstand, dass es augenscheinlich den Verantwortlichen dieses Metiers
schon gar nicht mehr gelingt, sensibel und folgerichtig auf das zu reagieren, was die meisten von uns nach wie vor am meisten fürchten: Auf den Tod.
Abgrundtiefe Trauer
Vor irgendwelcher Aufarbeitung des Geschehens folgte übrigens zunächst noch die obligatorische Siegerehrung. Schampus für alle. Das ist kein Affront, das ist ein moralischer Tiefschlag, der seinesgleichen sucht. Das ist der Verfall aller guten Sitten und spricht Bände für die Skrupellosigkeit der Geschäftemacher auch in diesem Sport. Denn was sonst ist Motorsport noch? Ein einziger Werbefeldzug für die jeweiligen Marken, egal ob auf zwei oder vier Rädern.
Opfer werden dabei hingenommen, ja auf perverse Art werden Unfälle sogar manipuliert, um Siegchancen zu wahren. Der Tod wird dabei billigend in Kauf genommen. Hauptsache, der Rubel rollt und die Ergebnisse stimmen. Die kleinsten Funken Menschlichkeit sind erloschen, sind auf der (Renn)-Strecke geblieben. Es ist der "Große Preis des Grauens" geworden, egal wo und in welcher Besetzung und mit welcher Motorisierung dieser stattfindet.
Geschwindigkeit , das ist klar, wird nie zu gänzlich zu kontrollieren sein, wie wir auch erleben mussten beim Tod des georgischen Rennrodlers Nodar Kumaritaschwili bei den Olympischen Spielen in Vancouver (Wer erinnert sich noch an ihn?). Mensch und Material werden immer Schwächen aufweisen. Aber dass man den Respekt vor dem Tod verliert, das gibt dem schrecklichen Unfall in Misano eine neue, bislang noch nicht gesehene Dimension. Es macht einen nicht einmal fassungslos, sondern nur abgrundtief traurig. Wir sind tief gesunken.
Shoya Tomizawa wurde 19 Jahre alt.
Ich möchte hier gerne zwei Sätze wiederholen, weill
man hier wirklich denken muss : EIN MENSCH IST NICHTS
MEHR WERT.
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Seht her, ein Toter zwar, aber das Leben, das geht ja trotzdem weiter. Machen wir also kein großes Aufhebens um dieses kleine Missgeschick. Man hat den Tod in Misano einfach ignoriert, ihn beiseite geschoben.
Quelle-----Yahoo - Sport