Alt 31.10.11, 22:55
Standard Italien ist das eigentliche Problem
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Der neue EZB-Chef Mario Draghi hat eine heikle Aufgabe zu lösen.

Mario Draghi ist der neue Präsident der Europäischen Zentralbank EZB. Er folgt damit dem Franzosen Jean-Claude Trichet, der dieses Amt seit dem 01. November 2003 bekleidete. Ironischerweise wird genau auf dem Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise – unmittelbar nach dem griechischen Schuldenschnitt – ein Italiener EZB-Präsident. Und gerade Italien ist das größte Problem – im wahrsten Sinne des Wortes!


Die PIIGS-Staaten sind unterschiedlich groß

Während den monatelangen Diskussionen um eine mögliche Staatspleite Griechenlands sind die anderen vier PIIGS-Staaten – Portugal, Italien, Irland und Spanien - etwas aus dem Fokus gerückt. Betrachtet man sich jedoch die Größenverhältnisse der jeweiligen Gesamtschulden der PIIGS wird schnell deutlich: Italien ist das eigentliche und vor allem größte Problem.

Während per 30. September 2011 Griechenland – vor dem Schuldenschnitt – auf eine Gesamtverschuldung von „nur“ rund 329 Milliarden Euro kam, Portugal auf 160 Mrd. und Irland auf 148 Mrd., kommt Spanien auf einen Gesamtsaldo von ca. 639 Milliarden Euro. Diese vier Länder machen jedoch zusammen nur 41 % der PIIGS-Schulden aus. Die mit Abstand größte Verschuldung muss Italien schultern. Diese ist in Italien mit 1.843 Milliarden Euro annähernd so groß wie die der Bundesrepublik Deutschland, die italienische Wirtschaft ist jedoch wesentlich kleiner. Italien hat damit 59 % der PIIGS-Gesamtschulden auf sich vereint - das ist ein echtes Problem.




Ein Italiener soll für Stabilität sorgen

Sie erinnern sich sicher noch an die Bedenken vieler deutscher Skeptiker zur Euro-Einführung. Vor allem die Hinzunahme der „Süd-Länder“ Portugal, Spanien, Italien und Griechenland stieß auf breite Kritik. Etwas despektierlich wurden diese „Club Med“ genannt. Ihren Urlaub haben die Deutschen schon immer gerne in diesen Ländern verbracht. Eine gemeinsame Währung? Das ging vielen Bundesbürgern jedoch entschieden zu weit. Die Stabilität der D-Mark stand auf dem Spiel. Viele dieser Befürchtungen haben sich bis heute bewahrheitet. Und jetzt soll ausgerechnet ein Italiener diese Krise lösen?


Die Konstruktionsfehler rächen sich jetzt

Die Euro-Krise sorgt für heftige monetäre und politische Verwerfungen. Auch ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone wird längst befürchtet. Mit der griechischen Staatspleite sind die Forderungen nach einer Rückkehr zur Drachme beständig lauter geworden. Mit dem griechischen Schuldenschnitt soll jetzt eine Ansteckungsgefahr verhindert werden. Ich bezweifle stark, ob dies gelingen kann. Das Problem wird mit den ergriffenen Maßnahmen lediglich verschoben. Eine echte Lösung der strukturellen Unterschiede zwischen den Nord- und Süd-Ländern bleibt jedoch auf der Strecke. Seien wir doch ehrlich: Die griechische „Lösung“ ändert nichts an der Tatsache, dass große Teile Süd-Italiens, Spaniens und Portugals nach jedweden Standards und Vergleichen wirtschaftlicher Kennziffern eher Dritte-Welt-Bereiche sind. Auf Dauer werden es die „Südländer“ schwer haben, in einer gemeinsamen Währung – mit unveränderbaren Wechselkursen – bleiben zu können.


Fazit

Italien muss für seine zehnjährigen Staatsanleihen mittlerweile bereits über 6 % an Zinsen zahlen. Es ist fraglich, ob die Italiener auf Dauer in der Lage sein werden, genügend Investoren zu finden, die ihnen auf Basis der aktuellen Datenlage ausreichend neue Mittel zur Verfügung stellen werden. Die Tatsache, dass jetzt ein Italiener die Europäische Zentralbank leitet muss dabei nicht unbedingt hilfreich sein. Mario Draghi wird alles unterlassen, dass ihn hinsichtlich einer italienischen Bevorzugung angreifbar machen könnte. Achten Sie auf Italien, dort wird die Zukunft des Euro maßgeblich entschieden.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Thomas Grüner die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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