Alt 01.07.21, 18:25
Standard „Zwei drängende Fragen“
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Werden hohe KGVs zur Gefahr?

Steigende Aktienkurse gehen üblicherweise mit kritischen Blicken auf das erhöhte Rückschlagpotenzial einher. Überdurchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGVs) werfen aktuell vielfach die Frage auf, ob sich die Märkte nachhaltig in diesen „luftigen Höhen“ halten können. Es bleibt allerdings dabei: KGVs fehlt es an Vorhersagekraft für die zukünftige Entwicklung der Aktienmärkte.

Nach vorne schauen

Das rückwärtsgerichtete KGV dreht sich um die Gewinne der letzten zwölf Monate, dynamische KGV-Anstiege wie im bisherigen Jahresverlauf können somit durch einen kräftigen Basis-Effekt beeinflusst werden. Das erwartete KGV für die nächsten zwölf Monate ist zukunftsorientierter, es verfehlt allerdings als zuverlässiges Prognose-Tool ebenso seine Wirkung. Die Gewinnschätzungen der Analysten haben sich insbesondere in der jüngsten Marktphase als viel zu gering erwiesen. Im ersten Quartal 2021 konnten 86 Prozent der Unternehmen im S&P 500 die Gewinnerwartungen schlagen, die aggregierten Gewinne lagen verblüffende 22,5 Prozent über dem Konsens der Analysten-Schätzungen. Und zu niedrig angenommene Gewinne sorgen im Kurs-Gewinn-Verhältnis schlussendlich für eine Verzerrung des KGVs nach oben. Zudem gehören KGVs zu den meistbeachteten Kennzahlen. Frei zugängliche Daten und die kritische Überwachung sprechen eindeutig dafür, dass die Vorhersagekraft der KGVs stark begrenzt ist. Immerhin lässt sich an den übergeordneten Trends ablesen, dass beispielsweise Anleger im reifen Bullenmarkt bereit sind, mehr für zukünftige Gewinne zu bezahlen – eine typische KGV-Expansion ist jedoch kein echtes Warnsignal.

Wird die Fed-Politik zur Gefahr?

Die Fed-Sitzung im Juni 2021 rief bei vielen Anlegern große Besorgnis hervor. Steht den Märkten eine restriktivere Geldpolitik bevor? Zumindest ließen die 18 Mitglieder des Fed-Komitees mit ihren Zinsprognosen durchblicken, dass sich die Erwartungshaltung an steigende kurzfristige Zinsen festigt. Aktuell liegt der Fed-Leitzins zwischen 0% und 0,25% und es erwartet weiterhin kein Fed-Mitglied, dass sich dies bis zum Jahresende ändern wird. Im Vergleich zur Fed-Sitzung im März stieg jedoch die Erwartungshaltung an steigende Zinsen bis zum Jahresende 2022 (sieben statt vier Mitglieder) und zum Jahresende 2023 (13 statt sieben Mitglieder) spürbar an.

Bedeutet dies einen markanten Wendepunkt? Daran haben wir starke Zweifel. Die Meinungen der Fed-Mitglieder ändern sich regelmäßig, basierend auf neuen Daten und einer Überprüfung der vorangegangen Statements. Angesichts der hohen Volatilität in den Wirtschaftsdaten der letzten Monate ist anzunehmen, dass die Fed selbst nicht allzu viel Vertrauen in ihre Prognosen für 2022 und darüber hinaus setzt. Zudem wird sich die personelle Zusammensetzung des Fed-Komitees vor Jahresende 2022 noch ändern, selbst Jerome Powell könnte seinen Posten verlieren, wenn er von Joe Biden nicht wiederernannt wird. Ist die aktuelle Meinung dieses Komitees also ein verlässliches Prognose-Tool für die tatsächliche Notenbankpolitik der nahen Zukunft? Eindeutig nicht.

Fazit

Hohe KGVs und eine restriktivere Zentralbankpolitik gehören zu den oft genannten Gründen, warum den Aktienmärkten in naher Zukunft die Luft ausgehen könnte. Eigentlich ist es ein gutes Zeichen, dass sich derartige Sorgen in den Köpfen vieler Anleger breit machen können. Denn erst wenn die Mauer der Angst komplett abgearbeitet ist und sich keiner mehr mit lästigen Themen wie Bewertungskennzahlen oder Zentralbankpolitik beschäftigen will, wird eine flächendeckende Euphorie zur echten Gefahr.

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Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Thomas Grüner die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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