Alt 22.03.19, 22:06
Standard Kursabstürze am Aktienmarkt und Flucht in Anleihen
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NEW YORK (Dow Jones)--Angst um die Konjunkturentwicklung hat zum Wochenausklang das Geschehen an den US-Finanzmärkten bestimmt und für starke Aktienverkäufe gesorgt. Auslöser der Sorgen waren unerwartet schwache Einkaufsmanagerindizes aus Europa, die teilweise noch weiter in den Rezession signalisierenden Bereich abgesackt sind. Die neuesten Einkaufsmanagerdaten aus den USA fielen zwar nicht ganz so schlecht aus - sie liegen immerhin noch im Expansionsbereich -, aber auch sie waren rückläufig und verfehlten die Schätzungen.

Marktteilnehmer sprachen von Alarmglocken, nicht nur für Europa, sondern auch für die Weltwirtschaft. Die Zahlen seien weitere Belege für eine globale Verlangsamung der Konjunktur.

Die US-Indizes folgen den schwachen europäischen Börsen nach unten. Der Dow-Jones-Index büßte 1,8 Prozent auf 25.502 Punkte ein und ging damit praktisch auf dem Tagestief ins Wochenende. Für den S&P-500 ging es um 1,9 Prozent nach unten, der technologielastige Nasdaq-Composite sank sogar um 2,5 Prozent. Er hatte am festen Vortag am stärksten zugelegt.

Umgesetzt wurden an der NYSE 1.046 (Vortag: 868) Millionen Aktien. Dabei standen den 575 (2.105) Kursgewinnern 2.399 (834) -verlierer gegenüber, während 57 (98) Titel unverändert schlossen.

US-Zehnjahresrendite auf niedrigstem Stand seit 15 Monaten

Die eingetrübten Konjunturerwartungen befeuerten Spekulationen auf eine lockerere US-Geldpolitik, nachdem die US-Notenbank am Mittwoch gerade erst eine Pause in ihrem laufenden Zinserhöhungszyklus angekündigt hatte. Am Zinsterminmarkt stieg die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Fed zum Ende des Jahres die Zinsen sogar senken könnte, auf 52 Prozent. Das ist der höchste Wert im laufenden Jahr.

Vor diesem Hintergrund flüchteten sich die Anleger verstärkt in Anleihen, vor allem solche mit längeren Laufzeiten. Das wiederum führte dazu, dass die Zinsstrukturkurve erstmals seit 2007 wieder invers wurde, dass also Papiere mit zehn Jahren Laufzeit weniger Rendite abwerfen als dreimonatige Geldmarkttitel. Dies gilt allgemein als starkes Warnzeichen für eine Rezession in ein oder zwei Jahren danach.

Die Rendite zehnjähriger US-Anleihen rutschte um rund 9 Basispunkte auf 2,44 Prozent ab. Das ist der niedrigste Stand seit Ende 2017. Die Rendite deutscher Bundesanleihen war zuvor bereits erstmals seit Oktober 2016 wieder in negatives Terrain abgerutscht - sie liegt bei minus 0,01 Prozent.

Der Dollar profitierte von seinem Ruf als sicherer Hafen, noch stärker aber der Yen, der sogar zum Dollar deutlich zulegte auf den höchsten Stand seit sieben Wochen. Der Euro fiel derweil im US-Handel auf 1,1296 Dollar zurück. Vor Bekanntwerden der schlechten Daten hatte er noch rund 1,1390 Dollar gekostet. Dass die US-Notenbank zwar gerade erst eine Pause im laufenden Zinserhöhungszyklus verkündet hat, die EZB aber ihren Termin für eine erste mögliche Zinserhöhung überhaupt seit Jahren gerade erst nach hinten verschoben hat, spricht zusätzlich für den Dollar und gegen den Euro.

Das britische Pfund setzte die am Vorabend bereits begonnene Erholungsbewegung von ihrem Einbruch zuvor fort, auch wenn die Meldungslage um das Brexit-Chaos dafür wenig taugte. Günstig ist allenfalls, dass ein harter Brexit am 29. März vom Tisch ist und im ungünstigsten Fall erst zwei Wochen später droht. Sonst ist weiter vieles offen, zumal Premierministerin Theresa May mit ihrem Brexit-Vertrag weiter auf Widerstand im britischen Parlament stößt. Das Pfund kostete zuletzt 1,3198 Dollar, nach einem Tagestief am Vortag bei 1,3000.

Bankaktien erneut stark unter Druck - Nike von Ausblick belastet

Bereits den dritten Tag in Folge waren Bankaktien ganz weit hinten bei den Branchen. Die Geldhäuser leiden zusätzlich zur schwächelnden Konjunktur unter dem andauernden Niedrigzinsumfeld, das auf die Margen im Zinsgeschäft drückt. Der S&P-500-Bankenindex brach um 3,7 Prozent ein. Besser als der breite Markt schlugen sich Aktien aus weniger konjunkturreagiblen Branchen wie Energieversorgung, Nahrungsmittel und Telekommunikation.

Unter den Einzelwerten verloren Nike 6,6 Prozent und waren damit Schlusslicht im Dow. Der Kurs bewegte sich allerdings zuletzt nur knapp unter dem Allzeithoch. Der Sportartikelhersteller hatte die Anleger auf ein schwächeres Wachstum eingestimmt. Im dritten Quartal erfüllte Nike zwar umsatzseitig die Erwartungen und übertraf sie beim Gewinn, doch im laufenden Quartal soll es nicht mehr so gut laufen. Währungseffekte dürften das Wachstum bremsen, warnte Nike. Der Kurs des Konkurrenten Under Armour gab um 4,5 Prozent nach.

Die Boeing-Aktie büßte 2,8 Prozent ein. Nach den jüngsten Abstürzen von zwei Boeing 737-MAX 8 hat die indonesische Fluggesellschaft Garuda den Kauf von 49 Maschinen dieses Typs widerrufen. Der Gesamtwert der Bestellung aus dem Jahr 2014 lag bei 4,9 Milliarden Dollar.

Die Schmuckaktie Tiffany & Co gewann 3,1 Prozent nach besser als gedacht ausgefallenen Geschäftszahlen. Avon Products machten einen Satz um 10,1 Prozent nach oben, nachdem das Wall Street Journal mit Berufung auf gut informierte Personen berichtete, das Unternehmen beschäftige sich mit einem Verkauf an den brasilianischen Wettbewerber Natura & Co.

Ölpreise fallen deutlich - Gold stabil

Die Konjunktursorgen zogen auch die Ölpreise in Mitleidenschaft. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI sank um 1,8 Prozent auf 58,92 Dollar, nachdem er sich im Späthandel sogar noch etwas erholt hatte. Der Ölfelddienstleister Baker Hughes hatte zuvor den fünften Wochenrückgang bei der Zahl der aktiven US-Ölförderstellen berichtet.

Die Flucht der Anleger in vermeintlich sichere Häfen stützte auch den Goldpreis. Das zinslose Edelmetall profitierte daneben vom sinkenden Zinsniveau. Die Feinunze legte um 4 auf rund 1.313 Dollar zu.

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March 22, 2019 16:14 ET (20:14 GMT)

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