Alt 15.08.18, 22:11
Standard Aktienkurse geraten in den Strudel der Türkei-Krise
Beitrag gelesen: 292 x 

NEW YORK (Dow Jones)--Die Sorge vor einer Verschärfung der Krise in der Türkei und ein mögliches Überschwappen auf andere Schwellenländer hat am Mittwoch an der Wall Street für eine Stimmungseintrübung und Verkäufe gesorgt. Mit der deutlichen Anhebung der Zölle auf den Import mehrerer US-Produkte schürte die Türkei zudem zunehmend Ängste vor negativen Auswirkungen des Streits auf die globale Konjunktur. Erst am Vortag hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan einen Boykott für elektronische Geräte aus den USA verhängt.

Dank im Späthandel aufkommender Käufe schlossen die Indizes aber deutlich über ihren Tagestiefs und schnitten auch besser ab als die meisten europäischen Aktienmärkte. Hintergrund war die Nachricht, dass Katar der Türkei mit der Ankündigung unter die Arme greift, 15 Milliarden Dollar in der Türkei zu investieren. Die türkische Lira erholte sich weiter, der Dollar kostete mit 5,9198 mehr als eine Lira weniger als in seinem jüngsten Rekordhoch.

Der Dow-Jones-Index ging 0,5 Prozent leichter aus dem Tag mit 25.162 Punkten. Im Tagestief war er schon bis auf unter 25.000 Zähler abgesackt. Für den S&P-500 ging es um 0,8 Prozent nach unten, die technologielastigen Nasdaq-Indizes gaben stärker nach um rund 1,2 Prozent.

Das Umsatzvolumen lag bei 795 (Dienstag: 655) Millionen gehandelter Aktien. Auf 976 (2.152) Kursgewinner kamen 1.999 (830) -verlierer. Unverändert schlossen 98 (93) Titel.

Die USA reagierten derweil zunächst ohne erneute Gegenmaßnahmen auf die jüngste Entwicklung. "Die Zölle der Türkei sind sicher bedauerlich und ein Schritt in die falsche Richtung", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders. Die USA hätten zuvor "aus nationalen Sicherheitsinteressen" die Zölle auf türkische Stahl- und Aluminiumimporte erhöht. Bei der Reaktion Ankaras handele es sich dagegen um "Vergeltung".

Die Analysten von CMC Markets sprachen von einer "drohenden Währungs- und Schuldenkrise in den Schwellenländern mit dem Epizentrum Türkei". Sie verwiesen in dem Zusammenhang auch auf die fortgesetzte Abwertung der chinesischen Währung gegenüber dem Dollar.

Neue und überwiegend gut ausgefallene US-Konjunkturdaten gingen fast völlig unter. Die Daten hätten ohnehin nur den bekannten positiven Zustand der US-Wirtschaft bestätigt, heißt es dazu.

Tencent-Dämpfer für Techonologiebranche

Belastet wurde die Stimmung besonders für Technologieaktien daneben davon, dass der chinesische Technologieriese Tencent enttäuschende Geschäftszahlen vorgelegt hat. Software- und Halbleiteraktien gaben um rund 1,3 Prozent und Telekom- und IT-Aktien um knapp 1 Prozent nach.

Tencent habe in diesem Jahr zwar schon 170 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung verloren, der enttäuschende Rückgang des Gewinns im zweiten Quartal könnte laut Marktteilnehmern aber ein Indiz dafür sein, dass die Akteure am Markt noch nicht pessimistisch genug sind für den weltgrößten Hersteller von Videospielen. Vor diesem Hintergrund verloren die im Zusammenhang mit Tencent genannten Alibaba.com 1,6 und Baidu 1,3 Prozent. Unter Druck standen deswegen auch die populären sogenannten FANG-Aktien: Facebook fielen um 0,9, Amazon um 1,9, Netflix um 3,3 und Alphabet um 2,1 Prozent.

Am besten schlugen sich die Indizes der Versorger, die von internationalen Handelsstreitigkeiten potenziell wenig betroffen sind und der binnenkonjunkturabhängigen Haushaltskonsumgüterhersteller.

Unter den Einzelwerten standen Macy's stark unter Druck. Gut war den Anlegern bei der Kaufhauskette offenbar nicht gut genug. Dass Macy's trotz insgesamt ordentlich ausgefallener Zweitquartalszahlen am Ende um rund 16 Prozent einbrachen, führte Analyst Randal Konik von Jefferies darauf zurück, dass die Bruttomargen nicht so gut ausgefallen seien wie von der Wall Street erwartet. Zudem habe Macy's in einer Analystenrunde gesagt, dass sie im zweiten Halbjahr wegen der Lieferkosten im Online-Geschäft unter Druck kämen. Die Kurse der Konkurrenten JC Penney und Kohl's standen ebenfalls unter Druck und verloren 8,7 bzw 5,8 Prozent.

Cisco Systems verringerten im Verlauf ihre Verluste und gaben um 0,3 Prozent nach im unmittelbaren Vorfeld der Quartalszahlen. Für Cree ging es um 7,8 Prozent abwärts, weil der LED- und Beleuchtungsspezialist mit den Ergebnissen für das vierte Geschäftsquartal zwar die Erwartungen des Marktes erfüllte, mit dem Ausblick aber enttäuschte.

Apple hielten sich mit einem Plus von 0,2 Prozent besser als der breite Markt. Die Beteiligungsgesellschaft von Warren Buffett, Berkshire Hathaway, stockte im zweiten Quartal ihre Beteiligung an den Technologiekonzern weiter auf und griff auch bei Goldman Sachs erneut zu. Goldman Sachs gaben um 0,1 Prozent nach.

Hohe Ölvorräte drücken auf Ölpreis

Ganz am Ende bei den Branchen rangierte der Index der Energieaktien. Er verlor angesichts weiter stark fallender Ölpreise rund 3,5 Prozent. Am Rohstoffmarkt machte neben den Sorgen vor einer globalen konjunkturellen Abschwächung der feste Dollar den Preisen zu schaffen. Beim Öl kamen noch unerwartet stark gestiegene US-Ölvorräte dazu. US-Öl verlor 3,2 Prozent auf 64,87 Dollar je Barrel.

Der Goldpreis entfernte sich weiter von der psychologisch wichtigen Marke von 1.200 Dollar je Feinunze. Er gab um über 18 Dollar nach auf gut 1.175. Das Edelmetall ist damit so billig wie zuletzt Anfang 2017 und profitierte nicht von seinem immer mehr verblassenden Ruf als sicherer Hafen. Viel mehr macht ihm neben dem Dollar die Aussicht auf steigende US-Zinsen zu schaffen, weil es dadurch relativ an Attraktivität verliert.

Der Dollar zeigte sich zum Euro weiter fest, der Euro kostete 1,1347 Dollar. Der Yen profitierte dagegen von seinem Ruf als sicherer Hafen und holte deutlich auf. Der Dollar fiel von rund 111,40 auf 110,70 Yen zurück.

US-Anleihen wurden wegen der Türkei-Krise ebenfalls als sicherer Hafen angesteuert. Die Rendite zehnjähriger Papiere sank kräftig um 4 Basispunkte auf 2,86 Prozent.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/DJN/gos

(MORE TO FOLLOW) Dow Jones Newswires

August 15, 2018 16:20 ET (20:20 GMT)

Copyright (c) 2018 Dow Jones & Company, Inc.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Dow Jones die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
 Es ist 07:02 Uhr.
Top 



copyright: imagine Grafik - DTP - Webdesign - [AGB / Datenschutz]