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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ärzte zocken zu Unrecht ab


PC-Oldie-Udo
08-04-2004, 17:22
N E W S

Ärzte zocken zu Unrecht ab


D as „Schwarzbuch“ vom Sozialministerium listet die frechsten Fälle auf, wie Ärzte Patienten Praxisgebühren abknöpften.

Ein alter Mann fällt in München in die Isar. Ein junger Mann springt hinterher und rettet den Ertrinkenden. Der Retter ist unterkühlt und muss in eine Klinik. Klopft ihm dort jemand auf die Schulter? Wartet ein Orden? Es wartet ein Überweisungsformular: zehn Euro Praxisgebühr, bitte.

Es sind groteske Geschichten wie diese, die seit Jahresbeginn viele an der Weisheit der Erfinder der Gesundheitsreform zweifeln ließen. Doch nun holt das Bundessozialministerium zum Gegenschlag aus: Nicht nur dem Lebensretter hätte die Praxisgebühr erlassen werden müssen – die gesetzliche Unfallversicherung hätte bezahlen müssen. Auch in vielen anderen Fällen seien Patienten von Ärzten zu Unrecht zur Kasse gebeten oder verunsichert worden – aus Unwissenheit oder bösem Willen. In einem „Schwarzbuch“ mit dem Titel „Auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten“ geißelt das Ministerium den illegalen Wildwuchs im Schatten der Reform.

Es gehe keinesfalls darum, Ärzte pauschal zu verurteilen, betonte die parlamentarische Staatssekretärin Marion Caspers-Merk, als sie am Dienstag das Buch vorstellte. Aber etliche „schwarze Schafe“ hätten das Gesetz missachtet und das öffentliche Klima vergiftet. Letztlich lasse die „Fülle und die Dreistigkeit von Vorfällen auf kriminelle Energie einerseits und fehlendes Rechtsbewusstsein andererseits schließen“, heißt es im Schwarzbuch. „Das ist inakzeptabel.“

Das Ministerium sieht in vielen Fällen den Versuch der Beutelschneiderei mit der neuen Praxisgebühr. Das fängt an beim Aufruf der bayerischen Kassenärzte, die Gebühr vorerst auch bei Vorsorgeuntersuchungen zu verlangen. Hintergrund ist ein Streit zwischen Zahnärzten und Ministerium, wie viele Vorsorgetermine gebührenfrei sind. Solange das nicht geklärt sei, wollten die Zahnärzte kein Risiko für etwaige Rückforderungen tragen. Eindeutig illegal, kontert das Ministerium.

Das gleiche Urteil fällt es in Sachen Kostenerstattung bei Kieferorthopäden. Da waren für Kassenpatienten, die sich oder ihre schulpflichtigen Kinder auf Chipkarte behandeln lassen wollten, plötzlich nur noch Vormittagstermine frei. Ihnen seien Bilder mit schiefen und krummen Zähnen zur Abschreckung gezeigt worden nach dem Motto: Leider ist für Kassenpatienten nicht mehr drin. Der Ausweg sollte sein, sich auf Rechnung wie ein Privatpatient behandeln zu lassen, dann zu zahlen und danach die Rechnung der Kasse einzureichen. Systematisch seien Patienten dazu gedrängt worden, heißt es im Schwarzbuch. Dabei seien sie nicht ausreichend darüber aufgeklärt worden, dass die Kassen eben nur ihre Sätze erstatten und die Versicherten oft auf einem Berg Kosten sitzen bleiben.

Dann waren da Augenärzte, die von Kassenpatienten bei einer normalen Sehschärfemessung 25 Euro in bar wollten, oder Allgemeinmediziner, die ihre Beratung zu nicht mehr erstattungsfähigen Medikamenten zusätzlich in Rechnung stellten. Einige Mediziner versuchten dem Schwarzbuch zufolge auch, für ihren Verwaltungsaufwand einen Aufschlag vom Patienten zu verlangen, z. B. elf statt zehn Euro. Alles vom Reformgesetz nicht gedeckt, betont das Ministerium.

Viele Ärzte hätten gegen die Reform polemisiert – mit Unterschriften-, Plakat- und Postkartenaktionen, berichtete Caspers-Merk. Andere debattierten auch im Notfall erst einmal stundenlang darüber, ob und wie sie ihre Praxisgebühr auch sicher erhalten. So musste dem Schwarzbuch zufolge eine 17-Jährige in Köln nach einer Vergewaltigung zwei Stunden lang auf medizinische Behandlung warten, weil die Klinik die Gebührenfrage geklärt haben wollte.

Deswegen rät das Ministerium Patienten, sich aktiv zur Wehr zu setzen. So könne man den Arzt wechseln, die Forderung nach Zusatzzahlungen ignorieren, sich bei Krankenkasse oder Kassenärztlicher Vereinigung oder auch bei der Lokalzeitung beschweren. Caspers-Merk räumte allerdings ein, dass das für Hilfesuchende oft nicht einfach sei. „Ein Patient kann oft nicht beurteilen, ob etwas notwendig oder zusätzlich ist“, sagte die Staatssekretärin. „Wenn Sie krank sind, greifen Sie nach jedem Strohhalm.“


07.04.04
(Quelle: ap

http://focus.msn.de/G/GN/gn.htm?snr=130498&streamsnr=118

Morillo
09-04-2004, 17:07
Ein korrupter Staat !