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Benjamin
04-10-2005, 13:56
Reichlich vorhanden, aber teuer

Der Preis für Eisenerz schnellte in diesem Frühjahr um mehr als siebzig Prozent in die Höhe. Da die Nachfrage steigt, bauen die Rohstoffproduzenten ihre Kapazitäten aus.
Von Hans-Willy Bein
SZ vom 09.08.2005

Eisenerze gibt es fast überall, denn Eisen ist das Element, das in der Erdrinde am vierthäufigsten vorkommt. Es kann aber nur in wenigen, sehr großen Lagerstätten wirtschaftlich gewonnen werden.

Die drei Bergbaukonzerne CVRD aus Brasilien, der britisch-australische Rio-Tinto-Konzern und BHP Billiton aus Australien beherrschen mehr als zwei Drittel des weltweiten Handels.

Dieser ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen und machte 2004 einen Sprung von fast 16 Prozent auf 592 Millionen Tonnen. Grund ist die immense Nachfrage Chinas, das seine Stahlproduktion rasant ausbaut.

Das Industrieland Deutschland ist stark von Metallen oder deren Vorprodukten abhängig. Und die müssen importiert werden. Besonders deutlich wird dies bei Eisenerz.

Importabhängige Stahlindustrie
1995 wanderte die letzte Tonne aus dem heimischen Bergbau in die Hochöfen der Stahlindustrie, denn nur dort wird der Rohstoff eingesetzt. Seither stützt sich die deutsche Stahlindustrie ausschließlich auf Lieferungen aus dem Ausland. Die Hütten führen derzeit gut 43 Millionen Tonnen ein.

Wichtigster Lieferant ist Brasilien mit einem Anteil von 53 Prozent, vor Kanada (14 Prozent), Schweden (13 Prozent) und Australien (8 Prozent). Weltweit ist Australien größter Eisenerzlieferant.

In der Stahlindustrie herrscht Hochkonjunktur. Die Nachfrage der Hütten nach dem Rohstoff Eisenerz ist so lebhaft, dass die Lieferanten an die Grenzen ihrer Kapazitäten stoßen. Entsprechend teuer ist Eisenerz geworden.

Drastische Preissteigerungen
Allein in diesem Frühjahr wurde die Stahlindustrie mit Preiserhöhungen von 70 Prozent und mehr erschreckt. Feinerz Carajas kostet als Leitsorte seither mehr als 40 Dollar die Tonne ab Verladehafen. Auf die deutsche Stahlindustrie kommen durch die Verteuerung des Rohstoffs nach Berechnung ihres Branchenverbands Mehrkosten von etwa 600 Millionen Euro zu.

Was die Abnehmer stark belastet, schlägt bei den Rohstoffproduzenten positiv zu Buche. In der vergangenen Woche hat Rio Tinto ein glänzendes Halbjahresergebnis präsentiert. Während der Umsatz um 44 Prozent hochschnellte, machte der Vorsteuer-Gewinn gar einen Sprung um 65 Prozent.

Mit Investitionen in Höhe von fast 21 Milliarden Dollar wollen BHP Billiton, Rio Tinto und Anglo American innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre den Ausbau ihrer gesamten Rohstoff-Kapazitäten vorantreiben.

Das Investmenthaus Goldman Sachs rechnet damit, dass Rio Tinto zügig seine Verladekapazität für Eisenerz aufstocken kann und wird. CVRD plant Ausgaben von 13 Milliarden Dollar. Neben dem Ausbau der Eisenerzminen wird damit die Diversifizierung auf neue Produkte und Regionen vorangetrieben.

Schwieriger Markt für Private
Für die kommenden Jahre rechnen Brokerhäuser und Rohstoff-Analysten generell nicht mit einer Fortsetzung des drastischen Preisanstiegs. Im Gegenteil.

Bei vielen Metallen wird ein Kursrutsch erwartet, weil die Nachfrage stockt und die Bergbaukonzerne ihre Kapazitäten stark ausbauen. Für den Privatanleger wird die Einschätzung schwieriger, wie sich die einzelnen Rohstoffmärkte entwickeln.

Viele Fachleute warnen wegen der starken Schwankungen ohnehin vor einem Direktinvestment in einzelne Metalle oder reine Bergbaukonzerne, auch wenn die Aktien dieser Unternehmen sich zuletzt als lukrativ erwiesen haben. Goldman Sachs empfiehlt weiterhin Papiere von BHP Billiton und Rio Tinto zum Kauf.

Zukünftige Entwicklung kaum abzuschätzen
Allerdings hält auch das Investmenthaus die Einschätzung der künftigen Ertragsentwicklung für schwierig. "Im Gegensatz zu früheren Zyklen sind Metallproduzenten heute in der Lage, ihre Expansion aus der eigenen Liquidität zu finanzieren", sagt Craig Cambell von Morgan Stanley, der deshalb keinen Grund für großen Pessimismus sieht.

Generell werden von den Experten zur besseren Risikoverteilung gern Zertifikate oder Fonds mit ihren Spezialprodukten empfohlen. Nachteil bei Fonds ist aber, dass sie häufig stark auf Edelmetalle fixiert sind.

Auch stellen reine Branchenfonds ein höheres Risiko dar, als Fonds mit breiterer Anlage. Bei Zertifikaten sollte der Anleger Gebühren exakt prüfen. Sie sind nicht immer offen zu erkennen, etwa wenn es um Währungssicherungen geht.