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Alt 29.11.2004, 09:57  #21
Brass
Goaslander
 
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Standard Re: Einführung Kfz-Mechanik

Zitat:


Original geschrieben von Brass

Die Unterschiede beginnen schon in der Gemischvorbereitung. Dieselmotoren basieren auf dem Prinzip der Selbstzündung. Das bedeutet, das im Zylinder befindliche Treibstoff - Luftgemisch explodiert, ohne dass eine Zündquelle nötig ist. Allein der Druck der Kompression reicht aus, um im Inneren des Verbrennungsraumes eine Temperatur entstehen zu lassen, von der es dem Gemisch so warm wird, dass ihm der Kragen platzt.



Warum funktioniert das nicht bei Benzin? Liegt das das an den kürzeren Kohlenstoffketten, sodass Benzin nicht so leicht exotherm "gecrackt" wird und damit auch keine "Kettenreaktion" in Gang kommt?


Es funktioniert aus verschiedenen Gründen nicht. Zum einen liegt der Flammpunkt von Benzin so tief, dass ein exothermer Prozess zu früh einsetzen würde, die Abläufe wären vom zeitlichen Ablauf her nicht regulierbar. Benzin verflüchtigt sich derart rasant in den gasförmigen Zustand, dass die Eingespritzten Tropfen gar nicht lang genug vorhanden wären, um den Prozess im Laufen halten zu können. Daher ist die Kompression eines Benzinmotors wesentlich schwäscher als die eines Diesels. Ausserdem ist auch das Volumen eines Benziners mit vergleichbaren Leistungsmerkmalen kleiner als das eines Diesels. Diesel ist in seiner Molekularstruktur so weit gefestigt, dass die eingespritzten Tropfen im nebelartigen Zustand verbleiben. Durch das komprimieren das Gemisches erhitzt sich die Luft um die Dieseltropfen derart rasant und hoch, dass die Treibstofftropfen über ihren Flammpunkt erhitzt werden können und dadurch zur Explosion gebracht werden. Im Gegensatz zum Gemisch in Gasform enthalten die Dieseltropfen ein höheres Energiepotential weil sie aus dem flüssigen Zustand noch in den gasförmigen wechseln während der Reaktion. Somit erzielt man auch dadurch bereits eine Expansion. – Aber die genauen chemischen Zusammenhänge lass Dir bitte von jemand anderen erklären, da reicht mein Wissen bei weitem nicht aus.

Zitat:


Zitat:

Stell dir vor dem Einlassventil des Zylinders eine Kammer (Rohr) vor, an dessen einem Ende das Einlassventil ist und am anderen Ende der Kopf einer Einspritzdüse, sowie ein Membranventil.



Wie sieht ein Membranventil aus, wie funktioniert es, wie wird es gesteuert?


In diesem Fall ist das Membranventil die äußere Begrenzung der Einspritzkammer nach aussen hin gewesen. Es ist ein Schlitz in der Wandung der Kammer, vor dem ein Metallplättchen liegt, ähnlich der Stimmlippe einer Mundharmonika, dass bei gleichem oder erhöhtem Innendruck von innen gegen den Schlitzt drückt und so nach aussen abdichtet. Wenn der Kolben beginnt einzusaugen entsteht in der Einspritzkammer ein Unterdruck, das Dichtplättchen schwingt nach innen, Luft kann eintreten.

Zitat:


Zitat:

Die Düse ist so eingestellt, dass der durch sie unter extrem hohen Druck eingespritzte Treibstoff in der Vorkammer vernebelt.



Wie geht das?


Der Düsenkopf hat eine winzige Öffnung, durch die der Treibstoff eingespritzt wird. Der Druck ist so hoch, dass aus dieser Öffnung kein scharfer Strahl heraus spritzt, sondern eine Wolke Dieselnebel. Du kennst das von der Sprühflasche, mit der Du die Zimmerpflanzen besprühen kannst. Drückst Du zu sachte, sprotzelt vorne das Wasser strahlförmig heraus, drehst du die Düse enger und vergrößerst den Druck, bildet sich der Wasservorhang, den du haben wolltest. Das heißt: Der Flüssigkeitsstrahl „prallt“ gegen den vorherrschenden Luftdruck der Umgebung und „zerbricht“ daran.





Zitat:
...irgendwas versteh ich glaub noch falsch. Das Diesel-Luft-Gemisch wäre dann ja hauptsächlich zwischen Membranventil und Einlassventil. Wenn bei früheren Dieseln die Einspritzdüse kontinuierlich eingespritzt hat, ist dann nicht der Sprit am Membranventil sofort wieder niedergeschlagen?


Im Grunde liegst Du nicht falsch mit dieser Vermutung. Das Gemisch wurde in der Einspritzkammer quasi vorbereitet und befand sich zwischen dem Einlassventil des Zylinders und dem Membranventil. Wenn einer der Zylinder seinen Ansaugtakt begann, wurde dieses Gemisch Richtung Zylinder abgesaugt. Wenn zwei oder mehr Zylinder im Motor am werkeln sind, kannst Du dir ungefähr die Verweildauer des Nebels in der Einspritzkammer vorstellen. Das Membranventil war so dimensioniert, dass die einströmende Luft in der Kammer für wenig Verwirbelung sorgte. Aber natürlich triefte es an ihren Wandungen, inklusive dem Membranventil vor Spritt.

Zitat:

Zitat:

Das gemisch "stand" nun im Zylinder, Ventilstellungswechsel, Kompression, Zündung. Dadurch dass der Treibstoff nur vernebelt worden ist und nicht vergast, wie es beim frühen Ottomotor üblich war, befand er sich praktisch in Tropfenform im Gemisch. Das ergibt eine so brisante Mischung, dass allein die Kompressionsenergie reicht, um zur Zündung zu kommen.



Das versteh ich auch nicht so ganz. Müsste vergaster Treibstoff nicht leichter zünden? Das is ja dann ein Knallgas, hingegen ist vernebelter Sprit molekular betrachtet ja schlechter durchmischt und bietet weniger Reaktionsoberfläche. Wäre es nicht besser auch Diesel zu vergasen?


Vergastes Benzin zündet um einen exorbitanten Faktor brisanter, als vernebelter Diesel. Weil das so ist, kann man es nicht via Selbstzündung zur Explosion bringen, weil man die dabei stattfindenden Prozesse nicht beherrscht hätte. Darum wird von den Benzinmotoren eine wesentlich geringere Kompressionsdichte produziert als vom Dieselmotor. Das Treibstoffgemisch eines Benziners wird über den Zündfunken exakt in dem Augenblick gezündet, wenn der Kolben eine Winzigkeit vor dem OT ist. Dadurch wird erreicht, dass es bei der maximalen Kompression explodiert und der Kolben die maximale Wegstrecke ausnutzen kann für den Arbeitstakt. Es ist die Kunst eines Mechanikers im Rennsport, den Zündzeitpunkt so weit vorzuverlegen, wie eben möglich. Dadurch wird eine Leistungssteigerung erzielt. Explodiert das Gemisch aber zu früh, zerhaut es den Motor.

Der vernebelte Diesel ist weniger brisant. Man erkennt es daran, dass früher ein Dieselmotor fast das doppelte an Hubraum brauchte, wie ein Benziner. Denn nur durch das große Volumen konnte eine ähnlich hohe Leistung erzielt werden. Es wurde zwar eine geringere Treibstoffmenge benötigt, um die Leistung zu erhalten, aber wesentlich mehr Luft/Sauerstoff. Da der Diesel viel schwerer ist als Benzin, lässt er sich nicht vergasen.

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Brass
Woher soll ich wissen was ich meine, bevor ich lese, was ich schrieb?

Zuletzt bearbeitet von Brass, 29.11.2004 um 10:05.
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Alt 29.11.2004, 09:57  #22
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Standard Re: Einführung Kfz-Mechanik

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Zitat:

Einzige Voraussetzung ist nur noch, dass in der Brennkammer schon eine ausreichend hohe Umgebungstemperatur herrscht. Um die beim Anlassen des Motors zu erreichen, hat der Dieselmotor eine "Brennraumvorheizung". Nämlich anstatt der Zündkerze hat er Vorglühkerzen. Diese werden elektrisch zum Glühen gebracht und sorgen so dafür, dass vor der ersten Zündung des Gemisches der Zylinder soweit vorgeheizt worden ist, dass die Selbstzündung stattfinden kann.



Wo finde ich die denn? Wie sehen die aus? Wie funktionieren die?


Die Glühkerze sitzt im Zylinderkopf, ähnlich positioniert wie eine Zündkerze. Sie sieht auch fast so aus, wie eine Zündkerze Nur hat sie statt Anode und Kathode eine Glühwendel, ähnlich einer Glühbirne. Sie wird elektrisch betrieben.
Zitat:

Zitat:

Vom Vorkammerprinzip ist man heute weg. Nicht aber vom Einspritzen. Der Treibstoff wird heute direkt in den Verbrennungsraum eingespritzt. Der Vorteil: Man kann auf diese Weise haargenau die richtige Menge Treibstoff einspritzen, um exakt die richtige Explosionsstärke zu erzeugen, die für den vorherrschenden Betriebszustand notwendig ist. Man spart Gewicht, weil jede Menge Rohrwerk entfällt, weniger Mechanik und sicher gibt es noch eine Reihe an Vorteilen ökonomischer aber auch ökologischer Art.



Klingt einleuchtend - aber braucht man nicht viel höhere Drücke um in der verkürzten Zeit die gleiche Menge Sprit als homogenen Nebel einzuspritzen?


Ja, die braucht man. Ein Beispiel aus der Motorenentwicklung bei VW. Dort wurde ein neues Verfahren entwickelt in den letzten Jahren und vor kurzem erst zur Marktreife gebracht. Das Prinzip heißt: Pumpe/Düse. Die genaue Funktionsweise ist mir nicht ganz genau bekannt. Aber soviel steht fest: Der Treibstoff wird bei diesem Prinzip nicht mehr von der Einspritzdüse vernebelt, sondern kommt als gebündelter Strahl in den Verbrennungsraum. Er trifft hier auf den Kolbenboden und vernebelt erst dort durch den Aufprall. Der Effekt ist, dass die Effizienz wohl um rund 1/3 gesteigert werden konnte. Das bedeutet, mit diesem Prinzip kann man so kleine Dieselmotoren bauen, wie ihre vergleichbaren Benzinkollegen. Der Druck mit dem der Kraftstoff eingespritzt wird, ist derart hoch, dass die größte Schwierigkeit bei der Entwicklung nicht das Kraftstoffsystem war, sondern die Materialbeschaffenheit des Kolbens und Motorblockes. Denn der Treibstoffstrahl schoss bei den Versuchsreihen durch Kolben und Kurbelgehäuse und wurde erst vom Fußboden der Versuchsanlage gestoppt.

Zitat:


Zitat:

Im Auspuffrohr eines Dieselmotors befindet sich eine der Turbinenstufen des Turboladers. Der Abgasstrom treibt diese Turbine an. Auf der "kalten" Seite der Turbinenwelle, also außerhalb des Auspuffs, befindet sich eine weitere Turbinenstufe. Diese saugt Umgebungsluft an, befördert sie durch eine Kühlung hindurch vor das Einlassventil des Zylinders und baut einen Überdruck von rund 0,8bar auf. Der Effekt ist, dass durch den Überdruck mehr Sauerstoff in die Brennkammer gelangt und dadruch höhere Leistung erreicht wird. Aus dem selben Grund wird auch die "Ladeluft" im o.g. Ladeluftkühler abgekühlt. In kalter Luft herrscht eine größere Sauerstoffdichte, als in warmer.



Da frag ich mal noch nicht zu den Details. Nur: Wie funktioniert die Kühlung? Vielleicht passiv, also mit großer Metall-Oberfläche?
Mir ist nicht bekannt, dass ein Turbolader besonders gekühlt werden muss. Er ist genau so rotglühend, wie der Rest der Auspuffanlage. Die „kalte“ Stufe ist ja baulich von der „heißen“ getrennt, so dass es zu keinen thermischen Problemen kommt.
Zitat:


Zitat:

Ein weiterer, gravierender Unterschied zwischen Diesel- und Ottomotor ist, dass der Diesel ein wesentlich höheres Drehmoment erzeugt, als der Ottomotor. Die Explosion ist kräftiger. Das machte man sich dahingehend zu nutze, dass man die Kurbelarme der Kurbelwelle wesentlich länger baute, als im Ottomotor. So mussten die Kolben längere Wege zurück legen. Die Folge daraus war, dass die Drehzahl abfiel. Dieselmotoren sind bei rund 1200 rpm im mittleren Drehzahlbereich, Ottomotoren bei rund 3000 rpm. Die Langhubigkeit bewirkte zwar eine optimale Kraftausbeute, allerdings waren die frühen Diesel Pkw nicht unbedingt die rasantesten Sprintwunder. Ich erinner mich noch an den 200er MB .. Bis der mal auf 100 war, musste man sich schon Gedanken über die bevorstehende Mittagspause machen.



Das ist die Erklärung, warum bei großen Maschinen, wie Schiffen und Loks, Dieselmotoren eingesetzt werden, oder? Müsste die erreichbare Höchstgeschwindigkeit dann nicht auch höher liegen als beim Otto-Motor?


Ja, das ist der Grund dafür. Was die Höchstgeschwindigkeit angeht hatte ein Dieselmotor immer enorme Gewichtsnachteile gegenüber einem Benziner. Darum ist in den frühen Jahren nach meinem Wissen kein Fahrzeug je schneller gewesen, wenn es mit Dieseltechnologie betrieben worden ist. Heute sieht die Sache anders aus. Mit den modernen Verfahren sind die Dieselmaschinen auf dem Vormarsch. Zumindest bei den straßentauglichen Fahrzeugen haben sie auf Grund des höheren Drehmomentes ihrer Leistungsentfaltung in Sachen Beschleunigungswerte gleichgezogen und ich glaube sogar, sie haben auch schon überholt. Endgeschwindigkeit ist heute ja kaum mehr ein Entwicklungsthema bei den Autokonstrukteuren. So ziemlich jede Familienwanne mit 100 PS kommt an die 200km/h Marke oder drüber.

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Zuletzt bearbeitet von Brass, 29.11.2004 um 10:03.
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