Hier noch so ein Vollpfosten
Egoist Ibrahimovic: Gehasst & verehrt
Es gibt kaum einen Stürmer, der so gut ist, wie
Zlatan Ibrahimovic. Aber auch keinen, der so polarisiert, wie es der exzentrische Schwede tut. Genialen Kunststücken auf dem Platz folgen Ausraster, Beleidigungen, Skandale - und Sperren. Im Rückspiel der Mailänder gegen
Arsenal darf er mitspielen.
Es hätte auch anders laufen können mit Zlatan Ibrahimovic, ganz anders. Er hatte schon immer zweifelhafte Ideen, auf die er wohl nicht nur kam, weil er im Problembezirk vom Malmö aufwuchs.
Der Sohn bosnischer Einwanderer suchte den Ärger förmlich und war dabei sogar ziemlich kreativ. Als Teenager gab er sich zum Beispiel des Öfteren mit seinen Kumpels im Rotlichtmilieu seiner Heimatstadt als verdeckter Ermittler aus.
Den geballten Groll der Freier, der Zuhälter und der echten Ermittler zog sich Ibrahimovic damit zu, mit der Polizei hatte er ohnehin regelmäßig zu tun.
Er wäre wohl kriminell geworden, wenn er nicht Fußball spielen würde, hatte Ibrahimovic mal angegeben. Und er hätte das auch nicht schlimm gefunden.
Mit 325 km/h über die Autobahn
Noch heute provoziert er die Gesetzeshüter liebend gerne, wie er in seiner kürzlich erschienenen Biografie stolz berichtet: "Ich lieferte mir Wettrennen mit der Polizei, rauschte einmal mit 325 Stundenkilometern über die Autobahn." Wer mit 30 Jahren bereits Bücher über sein Leben schreibt, hat meist schon viel erlebt, und Zlatan Ibrahimovic könnte gleich mehrere Bücher mit Skandalen und Sprüchen füllen.
Er wird gehasst, verdammt und vergöttert - er ist einer der besten Stürmer der Welt und polarisiert, wie kein Zweiter. Er legt sich gerne mit allen und jedem an, gilt als furchtbar arrogant und überheblich, dabei fast schon brutal. Beim Training des
AC Mailand war er seinem Teamkollegen
Rodney Strasser mal in den Rücken gesprungen und hatte ihm gesagt: "Hier bin ich der Chef."
Antonio Cassano schlug er zum Spaß mal auf den Kopf.
Mit seiner perfiden Art von Humor steht Ibrahimovic ziemlich alleine da, aber das stört ihn wenig. Sein Ego ist größer als das Universum, er spricht von sich gerne in der dritten Person und ist natürlich immer im Recht. Gegenspieler bedenkt er regelmäßig mit Häme und Beleidigungen. Von Journalisten lässt er sich ständig provozieren. Auch Trainer haben bei ihm einen schweren Stand.
Pep Guardiola bekam das bei Barcelona zu spüren, als Ibrahimovic 2009 von
Inter Mailand wechselte. Als er einmal auf der Bank schmoren musste, rasstete Ibrahimovic in der Kabine aus, zertrat den Koffer des Zeugwarts und schrie Guardiola an: "Sie haben keine Eier und machen sich vor Mourinho in die Hose!"
José Mourinho, damals noch bei Inter Mailand, war ein Trainer nach seinem Geschmack. Die Exzentriker funkten auf der gleichen Wellenlänge.
Ibrahimovic respektierte ihn sogar: "Wenn Mourinho den Raum betritt, lässt er ihn erstrahlen. Wenn Guardiola reinkommt, geht er zum Fenster und macht die Jalousie runter. Für Mourinho hätte ich rausgehen und töten können."
Meistergarant, aber ohne internationale Trophäe
Am ersten Trainingstag bei Barcelona sei er mit seinem Ferrari vorgefahren, sah sonst aber nur Kleinwagen auf dem Parkplatz. Eine Anweisung Guardiolas, damit die Spieler auf dem Teppich bleiben. "Das war ja wie in der Schule", meckerte Ibrahimovic. Regeln mochte er noch nie, und sagen lässt er sich schon gar nichts. Und auch wenn seine Technik einzigartig und er mit übermäßig viel Talent und enormer Treffsicherheit ausgestattet ist, so wollten ihn viele Klubs ganz schnell wieder loswerden.
Mit einer Gesamtsumme nach fünf Wechseln von über 160 Millionen Euro ist Ibrahimovic Transferweltmeister. Auf dem Fußballfeld ist er das nie gewesen, internationale Titel kann der Schwede nicht vorweisen, dafür scheint er ein Garant für nationale Trophäen. Neun Mal wurde er Meister (zweimal mit Ajax Amsterdam, einmal mit dem FC Barcelona, zweimal mit
Juventus Turin - die Titel wurden im Rahmen des italienischen Fußballskandals aberkannt - dreimal mit Inter Mailand und einmal mit AC Mailand), aber auch die Champions League gewann er nie.
Im Achtelfinale sieht es nun aber zumindest gut aus, nach dem 4:0 im Hinspiel gegen Arsenal, bei dem Ibrahimovic nicht nur einen Foulelfmeter verwandelte, sondern mannschaftsdienlich spielte. Gemeinsam mit Kevin-Prince Boateng und Robinho ist er die magische Achse des Milan-Spiels, wenn er denn spielt.
In der Serie A darf er das momentan gerade mal wieder nicht, nachdem er seinen Gegenspieler
Salvatore Aronica ins Gesicht geschlagen hatte und Rot sah. Es ist Ibrahimovic' achter Platzverweis der Karriere, gegen Arsenal gilt die Sperre aber nicht. Das heißt aber nicht, dass er dort nicht auch eine bekommen kann. Bei Zlatan Ibrahimovic muss man eben mit allem rechnen, und meistens mit dem Schlimmsten.