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Alt 09.04.2005, 15:58  #21
Syltgirl
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Standard Re: Terri Schiavo

Nun, die einen nennen es streiten, die anderen kontrovers diskutieren, nach Ersterem steht mir nicht der Sinn bei diesem Thema! Des weiteren lege ich relativ selten ein „Schubladendenken“ an den Tag, was nicht gleichbedeutend ist, dass ich es nie tue. Soviel dazu.

Hier stand Deine Reaktion, Tina, ich hab sie gelesen und meinerseits wiederum reagiert, indem ich meine Auffassung vertrat und Fragen stellte. Dass bei diesem Thema hier Kontroversen auftauchen, finde ich völlig normal. Genauso normal ist es, dass Du meine Reaktionen interpretierst, ob nun richtig oder falsch, lasse ich mal dahin gestellt. Mit weniger Interpretation/Spekulation und mit etwas mehr Sachlichkeit statt Emotionalität gelesen, müsstest Du nicht das Gefühl haben, das ich etwas „bewiesen“ haben wollte.

Damit meine Position etwas klarer wird:

„also mein eindruck, was du zwischen den zeilen sagen wolltest bei deinem posting, war (mag mich täuschen, war aber so):
du bist krankenschwester, musst deinen job machen und anordnungen ausführen.“


JA! Muss ich auch .. wo ist das Problem?
Nimmt man die Emotionalität aus dieser Aussage verbleibt sie das, was sie ist: ein Fakt.

„und eine meinung über sinn und zweck steht dir nicht zu“

Natürlich steht Dir Deine eigene Meinung zu, aber eben nicht die Entscheidung.

„die anordnungen und verantwortung trägt der arzt.“

Selbstverständlich! Du musst sicher auch etliche Entscheidungen treffen im Laufe einer Schicht, was sich sicher, wie bei mir auch (trotz anderem Berufsbild), in gewissen Kompetenzgrenzen hält. Aber die Entscheidung, um die es im Falle „Schiavo“ geht, kannst Du nicht fällen. Somit trägst Du auch nicht die Verantwortung dafür und nicht die mögliche Gewissenslast, die eine solche selbst getätigte Entscheidung möglicherweise mit sich bringen kann. Wiederum ein Faktum.

„denn ich und mein berufszweig sind nicht nur ausführende, nichtdenkende organe.“

Wo Du etwas in meinem Posting liest, was Dich zu so einer Aussage bringt, verschließt sich mir vollends. Ich verunglimpfe weder Dich noch Deinen Berufszweig, als dass Du mich darauf gesondert hinweisen müsstest.

„und wenn man schon zig jahre in dem beruf arbeitet, weiß man oft mehr als mancher assistenzarzt.“

Zweifelsohne! Nur: Das Wissen bringt Dich jedoch nicht in eine andere "Rolle".

„und empfindet dann so manche "anordnung" als fehlentscheidung. aber wie diese oft zustande kommt, auf wunsch der angehörigen, sagte ich schon.“

Nachvollziehbar!

Das Nachfolgende ist das, womit ich ein dickes "Problem" habe:

„und auch ohne den druck von angehörigen wird zu oft noch alles unternommen - ohne aussicht auf erfolg.
das sage ich als krankenschwester, denn wir als pflegepersonal haben letztlich die arbeit, nicht die ärzte, nicht die angehörigen.

wer lagert alle stunde (wenn übrhaupt möglich bei dem personalstand) wer macht frisch etc?? sicher nicht die ärzte.“


Wenn Du einen solchen Kontext herstellst, wie in obigem Zitat und sich dadurch bei mir ein ganz bitterer Beigeschmack einstellt, reagiere ich darauf. Dabei bleibe ich auch. Dein Kontext sagt folgendes aus: Auf der einen Seite der Patient .. auf der anderen Seite der Pflegeaufwand und nicht nur das, sondern auch noch, wer nicht die Arbeit mit der Pflege hat. Es liest sich nämlich dergestalt, als sei es lästig, einem Patienten noch mehr Pflege angedeihen zu lassen, der „eigentlich schon tot“ sein müsste/sollte/könnte und dabei kann ich den Bogen in Deinem Kontext noch weiter spannen (bezogen auf ***s.u.), einem Patienten angedeihen zu lassen, der eh nicht mehr als „normal“ gelten kann, falls er doch wieder unerwarteter Weise auf „die Füsse“ kommen sollte.

***... aber selbst wenn irgendeine besserung durch ein "wunder" wieder zustande gekommen wäre, ein normaler mensch wär sie doch nicht mehr geworden.

Man führe sich vor Augen, was ein so formulierter Satz auch noch aussagt/aussagen kann!


Ein solcher Kontext widerspricht zutiefst meinen moralischen, ethischen Wertvorstellungen. Der Pflegeaufwand und die dazugehörigen Kapazität bzw. die nicht ausreichend vorhandenen personellen Kapazitäten ist ein Thema, die Entscheidung – wie in Fällen wie „Schiavo“ oder ähnlichen Entscheidungen was diese Thematik als Ganzes umfasst – ein völlig anderes.

Um sicherzustellen, ob ich Dich richtig verstanden hatte, dass Du hier zwei Themen zusammenwürfst (die nach meiner Auffassung das eine nichts mit dem anderen zu tun haben sollte/dürfen), die zur Entscheidungsfindung in einer so ernsten Thematik nach Deiner Meinung zusammengehörig findest, habe ich nachgefragt. Deine weitere Aussage ist, neben "normal ist normal", Spekulation, was wer, wie empfunden hätte/haben könnte. Zusätzlich dazu Deine Aussage, dass Du eigentlich keine weitere Lust empfindest, weiter etwas dazu zu sagen, lässt nur ein Resümee bei mir zu: Wenn man keine Lust zu etwas hat, soll man’s lassen und aufgrund Deiner 2 Postings weiß ich grob Bescheid. Was das in diesem Fall mit Schublade zu tun hat .. keine Ahnung.
__________________
"Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren".
(Benjamin Franklin)
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Alt 10.04.2005, 09:25  #22
tina
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Ort: worms
Beiträge: 6.218
Standard Re: Terri Schiavo

also in der theorie ist eben manches anderes als in der praxis. auch bei mir.

ich bin ein mensch, der schon innerlich hinter dem stehen möchte, was er tut.
und sich eben nicht darauf beruft, daß ja ein anderer die verantwortung hat.


jedenfalls hat das für mich die konsequenz, daß ich jedenfalls nicht irgendwo
arbeite, wo ich in konflikt mit dingen dieser art komme.
z.b. in pflegeheimen, intensivstationen, inneren abteilungen u.ä.

um klarzustellen:
ich habe kein problem damit, anweisungen zu befolgen, das dürfte klar sein.
aber ich muss innerlich dazu stehen können.

ich denke, wir sollten das thema abschliessen, dürfte alles gesagt sein.


p.s.
ich habe einen satz jetzt rausgenommen, weil er nicht zum thema gehört,
war mir nur spontan beim schreiben in den sinn gekommen, war aber nicht angebracht, sorry.
__________________
Weil die Dinge sind, wie sie sind, werden Sie nicht bleiben wie sie waren.", Bertolt Brecht

Zuletzt bearbeitet von tina, 10.04.2005 um 12:39.
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Alt 10.04.2005, 13:57  #23
magma
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Standard Re: Terri Schiavo

Zitat:
Das Nachfolgende ist das, womit ich ein dickes "Problem" habe:

und auch ohne den druck von angehörigen wird zu oft noch alles unternommen - ohne aussicht auf erfolg.
das sage ich als krankenschwester, denn wir als pflegepersonal haben letztlich die arbeit, nicht die ärzte, nicht die angehörigen.

wer lagert alle stunde (wenn übrhaupt möglich bei dem personalstand) wer macht frisch etc?? sicher nicht die ärzte


moin. war unglücklich ausgedrückt tina. aus deinem letzten posting wird klarer, du wehrst dich gegen arbeit, die du als sisyphus-arbeit empfindest und die dem patienten absolut nichts bringt.
das ist menschlich. hinter solchen arbeiten kann niemand stehen.

du hattest in diesem fall manchmal den eindruck, entscheidung zu treffen ist schwer, keine entscheidungen zu treffen einfacher. also wird wie du glaubst oft die entscheidung der zeit überlassen. und wenn die nichts bringt wie in diesem fall, zum schluß den gerichten... das ist, was du den verantwortl. ärzten vorwirfst.

ok, ärzte sollten wenigstens ethos haben. einen eid hat keiner geschworen, klar. ärztl. ethos ist aber voraussetzung für jeden patienten und somit unabdingbar. der arzt hat letztlich deine gesundheit - dein leben in der hand.
und dazu gehört nun mal, dass sie dem leben dienen und nicht dem tod

nur fall nr. 7213 oder so zu sein wäre mir nicht genug. aber genau darauf läuft es im mom. leider hinaus.

ok, am besten ist, man bleibt gesund
__________________
Handbreit .....

Zuletzt bearbeitet von magma, 10.04.2005 um 14:58.
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Alt 11.04.2005, 08:28  #24
cleopatra
Heart of Community
 
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Beiträge: 804
Standard Re: Terri Schiavo

@ Tina

ich kann dich einigermaßen gut verstehen.
ich frage mich da gerade, wie das noch in zukunft werden wird, wenn es noch mehr möglichkeiten gibt, menschen künstlich am leben zu erhalten?
ich denke, dass es irgendwann mit dem medizin. fortschritt endlos angewendet werden könnte, d.h. menschen, die ohne kh schon längst tot wären, werden monate und jahrelang am leben erhalten.
im prinzip sollten diese menschen entscheiden, wann es genug ist....aber das können sie ja gar nicht mehr. wenn sie vorher etwas festlegen, tun sie das unter ganz anderen voraussetzungen....weil sie da eben noch geistig voll da sind und nicht in einem sinnlos-zustand. es wäre gut, wenn man dann in das denken/gehirn der menschen schauen könnte....ich bin mir ziemlich sicher, dass die meisten sterben wollen würden.

naja, ich finds jedenfalls gut, dass gerade du was dazu gesagt hast...als sozusagen mitbetroffene...das nehme ich auch viel ernster als theoretisches herumgequatsche.

LG
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Alt 11.04.2005, 09:22  #25
Polt
NO CHIACCHIERONE
 
Dabei seit: 15 Oct 2003
Ort: Würzburg
Beiträge: 10.374
Standard Re: Terri Schiavo

Das, was Cleo geschrieben hat, ist genau der Grund für meine Zurückhaltung, sprich: Ratlosigkeit.

Auf den ersten Blick scheint mit der Patientenverfügung der Stein der Weisen gefunden zu sein; aber ist er das wirklich? Hängen Koma-Patienten vielleicht auf irgendeine Weise doch viel mehr am Leben als sie sich das gedacht hätten, als sie in gesundem Zustand darüber nachdachten? Wer kann das wissen?

Das Einzige, woran man sich halten kann, sind Erfahrungen. Mir gehen die Bilder dieser alten Frau nicht aus dem Kopf, die damals von Prof. Hackethal auf ihre flehentliche Bitte, sogar vor laufender Kamera, aktive Sterbehilfe erhalten hatte. Diese Bilder im Kopf tendiere ich zu der Position des Ehemanns, ohne mich eindeutig festlegen zu können.

Dass man, wenn man in einer Klinik arbeitet, die Dinge aus einem ganz anderen Blickwinkel sieht, ist klar; nachzuvollziehen auch die pragmatische Sichtweise von Tina.

Ungeachtet der verschiedenen Ansichten werden wir wohl, wie die meisten Angehörigen in solch einer Situation, nie genau wissen, was richtig ist. Da helfen auch keine päpstlichen Verdikte oder humanistischen Postulate.
__________________
Tut man es im feuchten Gras,
mag das nicht der Ischias!
48. Poltsche Bauernregel, nach einer Eingebung von Gastreferent Magma
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Alt 11.04.2005, 11:21  #26
Brass
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Standard Re: Terri Schiavo

Ich bin durch meine Beobachtungen zu einer subjektiv anderen Ansicht gelangt.
Immer vorausgesetzt, die Verletzung/Beeinträchtigung des Hirns hat eine Schwere erreicht, dass aus ärztlicher Sicht eine Genesung zu einem besseren, als den momentanen Zustand ausgeschlossen wird und der momentane Zustand derart ist, im Wachkoma gefangen worden zu sein. Denn dann ist man im Grunde genommen tot, nur die Organe und der Körper haben das nicht mitbekommen. - drastisch ausgedrückt-
Den Patienten, die ich erlebte, ist weder Bewußtsein noch andere geistige Leistungsfähigkeit geblieben. Einzig die Spontanreflexe wie Herzschlag, Atmung und Stoffwechsel sind übrig geblieben und wurden medikamentös in ausreichend guter Funktion gehalten. Manche mussten aber auch wegen zu flacher Atmung künstlich beatmet werden.
Aus meiner Sicht ist dieser Zustand a) irreversiebel und b) künstlich aufrecht erhalten.
Patienten sind völlig teilnahmslos bei allem, was mit ihnen geschieht und zeigen keine Reaktionen mehr auf Reize von aussen. Das bedeutet, dass eine Hirnschädigung vorliegt, die keinen Raum mehr für menschliche Regungen, Gefühle, Ängste oder Hoffnungen läßt Jetzt könnte man sagen, wenn man sich ne Hand abschneidet, ist das Organ auch unwiderbringlich verloren, dennoch kann man damit leben. Aber bei einer Hirnverletzung verliert der Mensch seine Persönlichkeit, sein Bewußtsein und meiner Meinung nach auch die Seele. Es ist nur noch eine Hülle übrig, die nicht mehr der Mensch ist, der man war. - eine lebende Leiche.
Eine Patientenverfügung, die ein Mensch bei klarem Bewußtsein verfasst hat und sich dabei auch von seinem Arzt beraten lassen hat, ist soetwas wie ein medizinisches Testament. Er verfügt, was passieren soll, wenn Fall x eintritt. Wenn die Ärzte also diagnostizieren, dass die Hirnschädigung in ihrer Schwere so ausgeprägt ist, dass man ausschließen muss, der Patient erlangt zumindest das Bewußtsein wieder, um sich selber artikulien zu können, sollte die Verfügung einen bindenden Status erhalten.
Die Verfügung sollte aber nicht unter der Prämisse verfasst werden, "wenn ich zum Pflegefall werden, will ich lieber sterben, damit ich niemandem zu last falle." Sondern einzig und allein unter der Vorgabe, sich für oder gegen intensivmedizinisch relevante, lebenserhaltende Maßnahmen auszusprechen, wenn auszuschließen ist, dass ohne diese Maßnahmen ein Weiterleben möglich ist.

Vielleicht bin ich auch heute noch zu beeindruckt von den Eindrücken, die ich damals erhalten habe aber ich bin der festen Überzeugung, selbst wenn da doch noch ein Funke Bewußtsein vorhanden geblieben sein sollte, dass ein Mensch in dieser Situation eigentlich nur noch einen einzigen Wunsch haben kann. ...

Brass
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Brass
Woher soll ich wissen was ich meine, bevor ich lese, was ich schrieb?
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