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Vollständige Version anzeigen : Kunst kommt nicht von Können!?


mio01
02.12.2001, 09:24
Es gibt ein Interessantes Buch, welches genau diese Abwandlung des bekannten Ausspruchs "Kunst kommt von Können" zum Titel hat.

Mich würde, nachdem wir im Mod-Forum ja schon ansatzweise über dieses Thema diskutiert haben, eure Meinung dazu interessieren.

Gibt es einen Bewertungsmaßstab für Kunst? Was ist gute, was schlechte Kunst? Ist das beliebig? Liegt das in der Einschätzung eines jeden Einzelnen?

Der Titel "Künstler ist ja nicht geschützt - jeder Laie kann sich demnach so nennen. Zu Recht? Woran erkennt man ob die künstlerische Arbeit eines Laien Qualität hat?

Wer ist befugt die Arbeit eines Künstlers zu kritisieren? Jeder? Nur Fachleute (Kollegen, Kunstkritiker, Galeristen, Sammler, etc.)

Ist persönlicher Geschmack eine angemessene Bewertungsgrundlage für eine Kunstkritik oder nicht?

Kann ein Kunstliebhaber, -betrachter die Qualität eines Kunstwerks einschätzen oder sagt er eher etwas über seine persönlichen Vorlieben und seine Affinität zum jeweiligen Werk/ Künstler aus?

Was verstehen Kunstpädagogen von Kunst? Welche Qualität hat die künstlerische Erziehung in deutschen Schulen/ Unis? Ist sie überhaupt wichtig?

Ist es richtig als Kunsterzieher, Dozent oder Professor Leitlinien für Qualität in der künstlerischen Arbeit zu setzen? Inwieweit sollten Leitlinien/ Zielvorgaben von der individuellen Sicht eines Schülers abhängen.

Ist künstlerischer Erfolg planbar? Ist dabei die persönliche Inszenierung wichtig oder doch eher das Talent und die Ausbildung?

Es gibt den häufig benutzen Ausspruch "Qualität setzt sich durch". Stimmt das in Bezug auf Kunst?

Viele Fragen :) , aber hier ist ja das Kulturcafe.

Ich bin dabei eine große Kunstlergruppe aus Berlin in dieses Forum zu holen. Hoffe das klappt.

Gruß imagine

Ramto
02.12.2001, 10:26
Kunst ist doch nach meinem Verständnis eine spezifische Art der Widerspieglung der Wirklichkeit und die ästhetische Form des Bewusstseins der Menschen. Sie bezeichnet wohl das allgemeine ästhetische Wesen in ihrer Gesamtheit, bezogen auf das Ensemble der "Künste", welches das bekannte breite Spektrum umfasst.
Die Kunst trägt wesentlich bei zur Ausbildung der Gesamtpersönlichkeit , der Sinne und Gefühle.
Das Kunstempfinden ist so unterschiedlich ausgeprägt, wie es die Menschen an sich sind.
Man denke nur an die Unterscheidung zwischen "DER Kunst" und der Volkskunst. Wo verlaufen die Trennlinien?
Kunst zu erleben und als solche zu erkennen hängt wohl wesentlich vom ästhetischen Empfinden des Einzelnen ab.
Dieses Empfinden kann geschult werden, natürlich. Es ist unabdingbar abhängig vom "Zeitgeschmack" und den gesellschaftlichen Verhältnissen.
Ich empfinde alles das als Kunst, was vom normal Gegebenen, von Natur aus vorkommend, durch den Künstler im ästhetischen Bezug verändert, umgeformt wird und das ästhetische Empfinden des Rezipienten anspricht (oder auch nicht).
Kann man sagen: "Alles, was die Zeiten überdauert und von Bestand ist und bleibt, ist Kunst"?
Ein Buch, was noch nach Jahrzehnten, ja - Jahrhunderten gelesen wird - ein Bild, was noch nach langen Zeiträumen den Leser anspricht und ihm etwas "vermittelt" usw.! Aber, nicht nur das!...
Kurz-und langlebige Kunst, Modeerscheinungen, Geschmackstendenzen - das alles sollten Kunstpädagogen transportieren können.
Kunst - Kitsch; Kleinkunst - "Großkunst" - Loslösung des Kunst"handwerks" vom Handwerk!? Wie umfänglich diese Thematik ist!...

Ich wurde mal mit der Meinung konfrontiert: "Ich betrachte alles als "Kunst", was ich selber so nicht machen (formen, gestalten, wiedergeben) kann? Ist da was dran?

P.S. @imagine: Deine konkreten Fragestellungen habe ich damit nicht ebenso konkret "abgehandelt", weiß! Aber, es werden sich doch noch mehr melden?...Sollte nur ein Einstieg zu den (hoffentlichen) Antworten sein! :)

Stuhlfaut
02.12.2001, 12:47
1. Eine Bitte : Könnte man den Hintergrund wieder WEISS machen !?

2.Kunst kómmt von können ...

Das ist genau jener bürgrliche konventionelle Ansatz,der der Kunst ( sei es die bildende oder darstellende Kunst ) überhaupt keine Perpektive läßt.
Als ich studierte war es ein besonders selbstgefälliger Professor,der zu mir sagte " Kunst kommt können ,Herr Kollege".
Tatsächlich war er ein grauenvoller Architekt.Was in Wien durchaus schon eine Legitimation für eine Professur ist,wenn man die richtige Coleur hat.
Ich habe dann zu ihm -vor den versammelten Professoren gesagt
"Schönberg - Herr Professor - hat es so gesagt : KUNST KOMMT VON MÜSSEN !."

jetzt kann man ein endloses Posting hereinstellen,das bis zu Descartes führt , der es auf folgenden Punkt bringt:Ist das Geniale neue schon immer da und wird es durch Menschen realisiert,die was können ODER wird es durch geniale Menschen neu in die Wirklichkeit gestellt.....

Ich glaube das Zweite: Weil dazu viel viel Mut,ungeheurer Fleiß und dadurch Können gehört.
Und Glück.
Das macht ja das Leben aus,denn sonst könnten wir ja alle als Beamte unsere Glückseligkeit suchen

stuhlfaut
jetzt verabschiede ich mich ins Fußballboard....

Anubis
02.12.2001, 17:57

Sectortx
02.12.2001, 18:26
Kunst :confused:

Der Smilie heißt confused und so sehe ich das auch.
"Künstler" sind ein eigerner Schlag Menschen und ich liebe diese Menschen. Sie leben in einer eigenen Welt und können genaugenommen mit "uns normalen" nichts anfangen. Zumindest der eine Teil den ich kenne. Den anderen Teil kann ich nicht verstehn. Mir ist nicht ganz klar, was dieser Teil bezwecken will, wenn in möglichst schwieriger Sparche ein maximum an "Unwichtigkeiten" vermittelt wird.

Übrigens eine nasse Straße vom täglichen Dreck zu befreien ist auch eine Kunst! Nur verkauft sich der Straßenkehrer nicht so gut wie die "Künstler"

:haha:

Ciao Sec

Anubis
02.12.2001, 18:41

femme_fatale
02.12.2001, 18:47
@Sec
http://www.plaudersmilies.de/happy/xyxthumbs.gif

Sectortx
02.12.2001, 19:09
@ f_f

Du sollst mir doch nicht recht geben.



Die Ferengie Erwerbsregel 33 ist nicht ganz richtig! Kann das sein oder mü ich da nocheinmal nachlesen?

Ciao
Sec

femme_fatale
02.12.2001, 19:13
@Sec
bin aber Deiner Meinung! Und hier herrscht Meinungsfreiheit. Die Ferengiregeln sind mir völlig egal.

Sectortx
02.12.2001, 19:18
Hast recht mit der 33 Regel.

die 236 ist aber auch nicht schlecht.


Du kannst das Schicksal nicht kaufen.


Für alle die nicht wissen worüber wir sprechen. Wir sprechen von möglichen "Kulturen"


http://ferenginar.mytoday.de/images/quark00.jpg

ciao
Sec

femme_fatale
02.12.2001, 19:59
@sec
da ich keine Ferengi bin, gilt für eine irdische Regel und die heißt Leben und leben lassen

Anubis
02.12.2001, 20:21

mio01
05.12.2001, 10:17
Hallo,

um mal deine Frage aufzugreifen, Ramto - ... ist alles was ich nicht kann Kunst - oder ist ein Straßenkehrer oder jemand der seine ganze Hand im Mund versenken kann ein Künstler. Ich denke das hat überhaupt nichts mit Kunst zu tun. Vielleicht ist das ein ander andere eine Art "Kunststückchen".

Ich hab als Kind immer wieder versucht mit den Ohren zu wackeln :) , hat nie geklappt. Sind jetzt alle die das können Künstler? Wohl nicht.

Letztlich ist der Begriff ja auch eine Definitionssache. Jeder hat ja die Freiheit den Kunstbegriff nach seinem Gutdünken zu belegen. Viele große Kunstler haben das auch getan. (Wobei mir die Definition von Beuys sehr gut gefällt) Schwierig wird's nur dann, wenn man sich über Kunst unterhalten will und jeder mit einer anderen Definition daherkommt. Denke das ist auch ein Grund, warum dieses Thema oft sehr strittig diskutiert wird.

Für mich sind zwei Dinge wichtig. Das jemand, der sich Künstler nennt, ein großes Engagement für seine Arbeit aufbringt und die Frage, ob sich sein Tun in einen wesentlichen gesellschaftlichen Zusammenhang bringen lässt.

Ein Kunststudium halte ich nicht unbedingt für wichtig, bin aber entschieden dagegen, dass sich jemand nach Absolvierung von 2 Auarellkursen an einer VHS, Künstler nennt. (Nenne mich ja auch nicht Chirurg nur weil ich schon mal mit einem Cutter hantiert habe) Die Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz ist aber meiner Meinung nach ganz wichtig für die Einordnung einer künstlerischen Arbeit.

Dazu mal zwei provokante Aussagen.

Wenn heute jemand wie Rembrand oder van Gogh malen würde hätte er an keiner Kunsthochschule oder Akademie eine Chance die Aufnahmeprüfung zu bestehen! (und das zu Recht)
Leute wie Arno Breker, Leni Riefenstahl, Albert Speer und die ganze Sippe der NS-"Kunstler" verdienen nicht den Titel Künstler. Gleiches gilt für alle "Künstler" die propagandistisch in Diktaturen arbeiten.

Gruß imagine

Stuhlfaut
05.12.2001, 10:59
Mann oh Mann : das ist ist ja interessant ; Ist ein Nazi-Künstler kein Künstler !?
Das führt zur Frage IST EIN STAATSKÜNSTLER ein Künstler ?
Ist einer ein Künstler,weil er in einer Diktatur lebt und auch davon lebt ?
Vor allem aber : Ist Speer ein Künstler> Das führt zur Frage IST EIN ARCHITEKT EIN KÜNSTLER.Und ist ein Städtplaner ein Künstler.
Fragen über Fragen .
Das Büro Speer existiert ja noch immer und zu zeiten des Vaters Speer war es groß und zur Zeit des Albert noch größer .
Es war und ist ein industrieller Betrieb,der die Entwürfe des Speer ( nicht alle hat er gemacht) realisiert hat.Prinzipiell würde ich sagen ist ein Archtitekt zu 5% Künsteler ,der Rest ist Organisation.Genau das war Speer : Organisator .
Ein guter Archtitekt ist Organsitaor der Kunst.Auch .
Der Speer WAR ein guter Architekt.Nicht im Sinne einer Avantgarde zwar aber auch nicht anders als alle großen Archtitekturbüros heutzutage.
Die Leni Riefenstahl hat mit den Mitteln ihrer Zeit gearbeitet .Ich würde das nicht als Kunst bezeichnen.
Anders ist das mit einem Arno Breker oder ein Ziegler etc.
Sie SIND Künstler .Aber sie sind so eingebunden in den politischen Kontext,daß sie heute überhaupt nicht wirken.Fast tot.
Dasselbe gilt für die sowjetsichen und DDR-Staatskünstler.
Wenn man so will ,ist das eben die Strafe...

Die Annahme,daß ein Künstler einem Humanismus oder einer hohen ethik lebt ist absurd.
KEINER ist so.Von Michelangelo ,der seine brühmtesten Werke auf dem Buckel seiner Mitarbeiter geschaffen hat,sie noch dazu sexuell verwendet hat,weil abhängig waren bis hin zum Bert Brecht.
Die Zahl der Künstler ,die goßartig sind und zugleich zum Kotzen ist Legion
Selbst der untadelige Schostakowistch hat vor dem sowjetischen Musikerbund gebuckelt.Auch wenn es ihm sichtbar eine Last war.
Überhaupt-die Musiker-Sind die weniger Künstler,weil sie in einem diktatorischen System groß geworden sind.

Es sind Menschen ,die ein besonderes Talent haben und entwickeln und ansonsten ans geld,an GV an Intrigen etc etc denken....

Ramto
05.12.2001, 11:18
...Sehr einleuchtend argumentiert, Michael!
Wenn Kunst sich verdingt, oder "der Künstler", ist das im Prinzip nach meiner Ansicht nicht verdammenswert. Man sollte sich nur vorher im Klaren sein, wem man seine künstlerischen Potenzen zur Verfügung stellt. Handelt es sich dabei um das Beweihräuchern von Diktaturen, dann ist die Sache auf der Hand liegend.
Gestaltet man damit mit an einem humanistischen Anliegen, versucht den Nerv einer Gesellschaft künstlerisch zu umkleiden, der Sache auch in ästhetischer (künstlerischer) Weise gerechtzuwerden, dann ist doch dagegen nichts einzuwenden!

Kunst ist ja niemals gänzlich unpolitisch. Wir sind es alle nicht.
Und Kunst erreicht sowieso nur die Menschen, die eine Antenne für sie haben. Ich kenne Leute, die sagen: "Geh`mir weg mit der Kunst!" Sie begnügen sich mit der Profanität des Lebens und vermissen nichts dabei. Wobei hier schon wieder der Einwand greift, dass es ja auch eine "profane" Kunst gibt!...
Also, das Thema ist beinahe unerschöpflich. Wenn man sich zwingt, dazu Stellung zu beziehen, merkt man, dass es schnell an´s Rudern geht, denn alles Ästhetische ist subjektiv lastig und entzieht sich eigentlich der 100%igen Verwerfung bzw. einem möglichen Perfektionsanspruch...
Verstehst du meine Gedankensprünge? :D :)

Ramto
05.12.2001, 11:20
Hallo, S.! Entschuldige, aber wir haben beide gleichzeitig am Thema gearbeitet! Grüße nach...! :) :top:

imagine
05.12.2001, 12:14
Hallo Stuhlfaut,

grundsätzlich denke ich dass es unter Architekten und Filmemachern eine ganze Reihe von excellenten Künstlern gibt oder gegeben hat, die Meilensteine gesetzt haben. Das glt, da gebe ich dir recht, natürlich nicht für die Masse - aber was ist der Unterschied zwischen diesen wenigen, die epochale Veränderung durchsetzt haben und der Masse der anderen. Warum ist ein Mies van der Rohe, jemand wie Gaudi oder Gehry ein Künstler? (würde ich jedenfalls so sehen). Was ist der Unterschied zwischen einer Bauhausgruppe und einem 08/15 Architekturbüro?

Das alle (nicht nur heutzutage) auch immer mehr oder weniger organisatorische Arbeiten leisten müssen, scheint mir ganz normal. Kenne jedenfalls keinen Künstler, der nicht auch, zumindest einen Teil, der Vermarktung und Organisation übernimmt.

Zu Breker, Speer, etc.

Ich habe nicht gesagt (und sehe es auch nicht so), dass ein "Staatskünstler" (was immer das sein soll) kein Künstler ist. Ich sagte nur, dass es in Diktaturen keine Kunst gibt (es sei den im Verborgenen). Das ist vielleicht provokant, ich glaube aber, dass zur Kunst auch ein bestimmtest Maß an Freiheit gehört was in diktatorischen Systemen nicht vorhanden ist. Bestenfalls könnte dort dann in opositionellen Kreisen Kunst entstehen. Ist wohl aber auch eher selten und hängt vom Umfang der staatlichen Kontrolle ab.

Der Grund warum beispielsweise Arno Brekers Werke so gut wie verschwunden sind liegt meiner Meinung nach eher daran, dass es einfach nur blutleere Kolosse waren und nicht mehr. Das ganze funktionierte nur in einem engen Zusammenhang mit kurzfristigen äußeren Rahmenbedingungen. Anders bei vielen der sog. "entarteten" Künstlern. Die funktionieren heute noch. Aber die lebten (soweit sie denn noch lebten) nicht mehr in Deutschland. Ich behaupte dann mal, es gab keine Kunst im Dritten Reich - nur Propaganda.

Wie war's in der DDR? Noch ein Künstler übrig außer vielleicht Heisig? Was macht der große Vorsitzende Willy Sitte? (Provokation)

Eine bestimmte Moral erwarte ich von Künstlern nicht. Ganz und gar nicht!

Gruß imagine

imagine
05.12.2001, 12:45
Schwieriges Thema. Mir fällt gerade ein, was wäre wenn Wagner noch gelebt und der Institutionalisierung seiner Musik durch die Nazis zugestimmt hätte. Wäre das dann weniger Kunst oder gar keine? Bliebe es Kunst, weil seine Werke vor Beginn der Nazizeit entstanden sind.

Gruß imagine

Aphex
06.01.2002, 13:14
"Ein Maler ist ein Mann, der das malt, was er verkauft. Ein Künstler dagegen ist ein Mann, der das verkauft, was er malt."

Pablo Picasso


Grüße Aphex :)

imagine
07.01.2002, 06:23
Finde das ist ein superguter Spruch. Bringt's echt auf den Punkt :)

Gruß imagine

Anubis
14.02.2002, 23:47
Original geschrieben von mio01
...schnipp
Ich bin dabei eine große Kunstlergruppe aus Berlin in dieses Forum zu holen. Hoffe das klappt.

Gruß imagine

Wo sind sie denn?
Haben sie das Board nicht gefunden, oder ist das Board nicht künstlerisch wertvoll?