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Vollständige Version anzeigen : Sex on the Job


HansA
08.02.2002, 21:32
Sie nimmt es nicht in den Mund. Lieber würde sie sich auf die Zunge beißen oder es herunterschlucken. Sollen die Kollegen doch sagen, was sie wollen.


Von Kristiane (Name von der Redaktion geändert) bekommt man es jedenfalls auf keinen Fall zu hören. Jenen Satz, den sie hinter ihrem Rücken alle tuscheln: "Die hat sich hochgeschlafen!"

Kristiane K., 32, sitzt in ihrem Büro im 14. Stock eines Frankfurter Hochhauses. Die riesigen Fenster geben den Blick frei auf die Hügel des Taunus in der Wintersonne. Kristiane arbeitet im Investmentcenter einer Großbank. Sie ist verantwortlich für die Transaktionen der Privatkunden. Immer wieder blickt sie auf ihren Computerbildschirm, fragt Daten ab und murmelt etwas wie: "Gott sei Dank, der DAX steigt wieder."

Wie alles begann

Wäre Kristianes Karriere eine Aktie, man hätte nicht schlecht verdient an ihr in den vergangenen zwei Jahren. Als sie damals als Aushilfssekretärin beim Direktor der Bank anfing, stand ihr Wert bei null. Schwangerschaftsvertretung sollte sie machen – ausgerechnet auch noch für ihre beste Freundin. Die hatte beim Chef bereits von ihr geschwärmt. Freundlich sei sie, unwahrscheinlich hilfsbereit und sehr patent.

Nach wenigen Wochen saß sie bereits so fest auf dem Vorzimmer-Stuhl, dass ihre Freundin nicht mehr in ihren alten Beruf zurückkonnte. Sie wurde versetzt. „Ich habe ihn einfach überzeugt“, glaubt Kristiane, und das sagt sie in einem Ton, bei dem man nicht weiß, ob er naiv oder berechnend klingt.

Man kommt vor allem deshalb ins Grübeln, weil Kristiane nicht der typische Vamp ist. Sie ist ein wenig zu dick, trägt ein brav-graues Kostüm und eine Perlenkette. Ihre dunkelbraunen Haare sind akkurat zurechtgetufft. Überzeugend also. Aber mit welchen Qualitäten? Termine organisieren und Telefonate durchstellen gehören zur Stellenbeschreibung einer jeden Vorzimmerdame.

Kristiane aber blieb abends auch mal länger, stellte montags frische Blumen („Lilien mag er besonders!“) auf den Schreibtisch. Das kam gut an. Sie hatte es geschafft, auf sich aufmerksam zu machen. Nicht als Mitarbeiterin, sondern als Frau. Ihr Wert stieg.



Der entscheidende Abend

An einem der Heute-mal-wieder-länger-Abende fragte Kristiane ihren Chef, ob er denn gar nicht nach Hause möchte zu seiner Familie. „Nein“, habe er ihr geantwortet. „Ich fühle mich dort nicht mehr verstanden.“ Woran das liege, wollte sie von ihm wissen. Plötzlich fing er „bitterlich“ zu weinen an.

Als er, der 52-jährige Vorgesetzte, wie ein heulendes Häufchen Elend vor ihr saß, wusste Kristiane auf einmal: „Der ist zu knacken.“ Sie sagt wirklich „knacken“. Eiskalt. Ohne Anteilnahme. Als ob in diesem Moment ein Schalter umsprang, spürte sie, dass ihre Chance jetzt gekommen war. Längst fühlte sie sich „irgendwie minderwertig“, wenn die Kollegen in der Kantine von Transaktionen, Hausse und Baisse sprachen. Aber wie sollte sie, die Sekretärin ohne Abitur, es zur Brokerin schaffen? Die Antwort saß vor ihr. Heulend.

„Der hat sich seit diesem Abend richtig an mich herangemacht“, erbost sich Kristiane, als sei ihr das zuwider gewesen. Zum Essen führte er sie aus, mit auf Dienstreise hat er sie genommen, manchmal sogar privat angerufen. „Der wollte mehr.“ Sie auch. Spätestens jetzt sah Kristiane sich mit Aktien handeln.



Sex im Hotel

Wenn sie darüber spricht, wird klar, wie wichtig ihr, dem Mädchen aus dem Odenwald, Status und Prestige sind. Geradezu ins Schwärmen gerät Kristiane, als sie von ihrem ersten Besuch beim Frankfurter Opernball erzählt. Wahnsinnig elegante Frauen seien dort gewesen. „Die Crème de la Crème.“ Und sie, die Metzgerstochter aus Michelstadt. Vor einem Jahr nahm ihr Chef sie dort mit hin. „Er fand es toll, mich immer an seiner Seite zu haben.“

Verliebt sei sie nicht in ihn – schon damals nicht. Vielleicht verknallt. Ein bisschen, doch, sicherlich. Genau kann sie das nicht sagen. Warum sie in der Nacht nach dem Fest in der Alten Oper mit ihm im Hotel „Hessischer Hof“ Sex hatte, weiß sie nicht. „Ist halt passiert“, wiegelt Kristiane ab. „Vielleicht lag es am Champagner“, sagt sie, als würde sie Worthülsen aus einer Fernseh-Soap wiederholen.

Loyal sei sie gegenüber ihrem Chef schon immer gewesen, verraten Kristianes Bankkollegen. „Wenn wir wollten, dass unser Boss etwas erfährt, haben wir es beim Mittagessen unauffällig der Kristiane erzählt“, amüsiert sich eine. Und natürlich hätte Kristiane auch indirekt angedeutet, dass da etwas laufe. „Sie hatte einen Treffer gelandet. Das will jemand wie sie doch weitererzählen.“



Kristiane hat es geschafft

Kristiane lehnt sich in ihrem Ledersessel zurück. Natürlich höre sich das alles verdammt nach einem Klischee an. Aber so sei es nun mal gewesen. Sie zuckt mit den Schultern. Mal ehrlich: Wird man befördert, nur weil man gut im Bett ist? Kristiane glaubt nicht daran. „Ich habe einfach in einer privaten Atmosphäre über meine beruflichen Träume gesprochen!“

Dass ihr Geliebter sie erfüllen konnte, war ihr sicherlich nicht unangenehm. Als im Investmentcenter eine Stelle frei wurde, setzte er sich für sie ein. Seit zwei Monaten hat sie nun diesen Job und auch ihre Kollegen müssen zugeben, dass sie sich gar nicht mal so dumm anstellt. „Ich bin eben eine ganz Engagierte“, sagt sie. Mit dem Olaf *, so nennt sie ihren Chef zum ersten Mal, hat sie noch immer eine Affäre. Er hat sogar einige Tagen bei ihr gewohnt, als ihn seine Frau vor die Tür gesetzt hat.

Ob mehr daraus wird?
Kristiane will sich darüber keine Gedanken machen. Er sei doch so alt wie ihr Vater. Überhaupt steht sie mehr auf Typen wie David Beckham. „Ich gehe sehr auf in meinem Beruf.“ Kristiane schaut auf den Bildschirm. Die DAX-Kurve steigt immer noch. Es geht nach oben.



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