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Vollständige Version anzeigen : Buchtipp: Andreas Krusch - Das böse Wort


StJohnSmith
19.01.2002, 20:47
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Andreas Krusch: Das böse Wort
2001

Als sich Sue Randon in die berühmte Silverstone-Klinik begab, war es wegen eines kleinen Geschwulsts im rechten Arm. Nichts schlimmes, hatte der Hausarzt ihr bei der Überweisung noch gesagt. Es sei nur für die Dauer einer genaueren Untesuchung.
Sue, 42 Jahre alt und frisch geschieden, fühlt sich topfit. Doch das Geschwulst beginnt zu wachsen. Und bald kommen noch weitere hinzu. Sue wird schwächer und sie beginnt zu realisieren, wo sie sich befindet. Nur wenigen ist es vegönnt, die Krebsstation lebend wieder zu verlassen. Und Sue hadert mit ihrem Schicksal. Krebs? Das bekommen doch nur die anderen. Klar, man liest davon in der Zeitung. Oder sieht mal einen Bericht im Fernsehen, falls man nicht lieber gleich weiterzappt. Und natürlich gab es soetwas auch schon im Bekanntenkreis. Aber sie selbst?? Gerade jetzt, wo sie doch noch soviele Pläne hat.....Aber es gibt ja Heilung. Hoffentlich. Vielleicht. Oder..?

Sue lernt Jennie kennen. Auf der Kinderstation. Jennie ist acht Jahre alt und hat einen bösartigen Tumor im Kopf. Für Jennie ist es das letzte Frühjahr. Aber Jennie spürt, was mit ihr ist. Und sie verbringt ihre Tage sehr bewußt. Sie malt viel. Und lacht. Und sie hat einen unsichtbaren Freund....

Und dann ist da noch der unsichtbare Mann im Raucherzimmer, der im Dunkeln liest. Er liest im Buch der Nacht....

Andreas Krusch, geboren 1961, lebt als freier Autor in Berlin und schreibt überwiegend Drehbücher. Dieses Buch schrieb er unter dem Eindruck des Krebstods seiner Mutter 1997.

Es gibt sicher viele Bücher zu diesem Thema. Aber dieses ist in seiner Art einmalig. Denn der Autor schafft das in Anbetracht der Thematik fast unmögliche: dieses Buch baut den Leser auf! Im Klappentext heißt es, dies sei ein Buch, "...das dem Leser das wichtigste läßt: Hoffnung." Und es geht um weit mehr als "nur" die Krankheit Krebs.

Es ist eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe.


Gruß StJohn :yinyang:

LION
29.04.2002, 19:39
danke StJohn
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StJohnSmith
29.04.2002, 19:48
Gern geschehen, LION :)

tina
01.05.2002, 09:40
hi st.john,

habe mir das buch auch schicken lassen und werde es im
schwarzwald lesen. freue mich schon darauf, auch wenn die
thematik nicht ohne ist.

schönen 1. mai dir und allen anderen.

Ramto
01.05.2002, 10:05
Hatte gestern erst wieder eine "Urne" wegen... 2 Monate nach Pankreas-OP! Wie sagt man es den Leuten, wie macht man Mut?
Es ist wirklich eine Geißel der Menschheit und scheint es auf Sicht noch zu bleiben!...

tina
01.05.2002, 10:36
hi,
pankreas-op, wenn ich das schon höre. od. whipple-op.
man sollte den menschen vielleicht mal die statistik v o r
der op sagen. die verbleibende lebenserwartungszeit könnte man
besser verbringen, ohne op. meine "station" war ja jahrelang
eine allgem.chirurgische, bevor wir zwangsweise zur orthopädie
wurden. (die belegungsstatistik ist jetzt besser ;) ), ich denke,
dass ich diese op`s ganz gut einschätzen kann.
na ja, wie sagt man es? am besten mit ehrlichkeit, und im
beisammensein der ganzen familie. dann haben alle die
chancen, mitzuhelfen und gemeinsam abschied zu nehmen.
kommt natürlich auf den einzelfall an. nicht jeder verträgt die
wahrheit. schwierig.
aber auch wenn man die wahrheit nicht sagt, der patient weiss
es trotzdem. und das nicht-darüber-sprechen-können ist dann
m.e. schlimmer.

gruss

Ramto
02.05.2002, 06:30
@ tina: Dazu kam noch ein erweiterter onkolog. Befund! Man gab ihm nach der OP max. 4 Wochen - 8 wurden es...
Er wollte es nicht wahrhaben - "mir fehlt nichts"... Ein Vogel Strauß-Typ/ Kopf in Sand!...
Ja, nicht jeder sollte es erfahren...Könnten noch einiges bemerken dazu, aber es ist ein solch belastendes Thema...
Ich habe berufsmäßig viel mit Tod und Sterben zu tun. Manchmal ist es ganz schön hart. Abschied für immer!...Ich mag an sich Endgültiges nicht. Dies jedoch am wenigsten.

tina
02.05.2002, 20:45
hi ramto,
ich bewundere dich dafür, wenn du oft mit diesen dingen konfrontiert wirst, und
damit zurechtkommst. es ist sehr schwer, das weiß ich aus erfahrung.
zum glück sind solche extremfälle auf meiner station doch eher die ausnahme.
klar, kommt auch immer wieder mal vor. herzinfarkt- od. stillstand, apoplex,
lungenembolien etc.. bei betagteren patienten ist die gefahr halt höher.
einmal - zum glück nicht in meinem nachtdienst - hat sich ein patient am
bettbügel nachts erhängt. wie das technisch möglich war, kann man kaum nachvollziehen. aber es war so. und der zimmernachbar schlief dabei!!
die nachtschwester konnte monatelang keinen nachtdienst mehr machen. sie war
geschockt, als sie ihn fand. und dann musste sie noch die kripo über sich ergehen lassen. ob sie auch nichts falsch gemacht habe, ordnungsgemäße rundgänge etc. ob es nicht vorher absehbar war, psyche etc.
was ich immer am schlimmsten finde: wenn die station voll belegt ist wie meist,
man kaum für das nötigste zeit hat und einem pat. geht es sehr schlecht.
dass man kaum eine chance hat, auf die nötigen bedürfnisse einzugehen, wie man
es sich vorstellt. und angehörige sind oft nur kurz da, und nerven dann nur-
klar, auch sie sind oft hilflos.
auch ich hasse endgültiges und den tod, wenn noch offene fragen sind, ganz besonders. und ich bin gott dankbar, dass ich
keinerlei schlechtes gewissen habe, was meine mutter betrifft.
und dass sie zu hause sterben konnte, dass ich bei ihr war und
ihr hoffentlich helfen konnte, keine angst zu haben.
frag mich nicht, woher ich die kraft hatte. im nachhinein nicht
vorstellbar.
wenn du magst schreib doch mal, in welchem bereich du genau arbeitest?
würde mich interessieren.

liebe gruesse

Ramto
02.05.2002, 21:48
Ich habe diese Frage nach meiner Tätigkeit schon mal (in der Eso-Ecke?) imagine auf Anfrage beantwortet. Bin Berufsbetreuer.

Kam auch vor: Hievte den 66-jährigen, nach Sturz im Suff abends halb sieben ins Bett, weil ich Wohnungsschlüssel hatte und die AWO-Schwester ihn in der Wohnung rufen hörte und mich verständigt hatte.
Am Morgen darauf, Sonntag, fand ich ihn halb acht leblos im Bett, wie ich ihn reingeholfen hatte. - Notdienst - Kripo - eigene Vorwürfe: "Hättest du doch den Notarzt gerufen, obwohl er es ausdrücklich nicht wünschte..."

tina
09.05.2002, 12:07
@ St.John,
es ist nicht ganz richtig ausgedrückt, dass mir das buch gefallen hat.
richtig ist: es hat mich sehr berührt. habe es schon ausgelesen, in fast einem
zug, wie immer, wenn mich was berührt. und natürlich, am ende geweint.
auch bringt es mich immer irgendwie in konflikte zu meinem beruf. ich arbeite
in einem nicht gerade kleinen krankenhaus - aber es gibt keinen einzigen psychologen oder ähnliches. hat ein patient depressionen, warum auch immer,
gibts medikamente dagegen.
keiner hat zeit, ursachen zu ergründen. bei ca. 40 patienten nicht machbar.
wenn ich mal im nachtdienst 15 minuten mit einem patienten tiefergehendes
berede, bekomme ich es in allen folgenden zimmern gesagt: wo bleiben sie denn
heute solange. und auch nach dem "rundgang" von ca. 21-23 uhr gibt es noch
hunderte andere dinge die erledigt werden müssen. und man hat ja auch immer
frischoperierte, die dauerüberwacht werden müssen.
im tagdienst programm nonstop. mal 1/2 std. mich abseilen, keine zimmeranwesenheit setzen? undenkbar.
was mich am anfang meines berufsleben schockiert hatte, war die diskrepanz meiner theoretischen vorstellungen zu der praxis. hatte mir immer vorgestellt,
liegt ein patient im sterben und es sind keine angehörigen da, wechselt sich das
personal ab - damit immer jemand dabei ist. damit niemand alleine sterben muss.
in der praxis werden solche zimmer eher gemieden. grundversorgung, klar. aber sonst kaum was. es ist auch schwer zu verkraften, diese hilflosigkeit.
und in einer kinderklinik ist das wohl besonders schlimm. vielleicht hat man
dort mehr zeit oder nimmt sie sich, auf die seele einzugehen? das weiß ich nicht, aber ich würde es mir wünschen.
obwohl, kind oder alter mensch, die gefühle sind sicher ähnlicher natur.

@lion, danke für dein bussi, tut mir gut. freue mich auch auf meinen grossen pc.
also im sonstigen internet habe ich keine riesigen probleme, sogar bei f-tor gehts einigermassen, obwohl die theads auch da teilweise sehr lang sind.
aber ich kann es nicht erklären, verstehe die technik wer will

@L-M, bez. zitate einfügen: danke dir für deine mühe, werde es mal versuchen,
aber erst, wenn ich wieder zuhause bin. dann werde ich mir deine anleitung ausdrucken, danebenlegen und stück für stück vorgehen.so für d...., ich meine
technisch uninteressierte. ;)

@ramto: der begriff berufsbetreuer ist mir unbekannt. und die nähere erklärung an imagine
habe ich leider nicht gefunden. aber wie auch immer, habe das gefühl, die einrichtung ist was
positives für alle beteiligten.

schönen vatertag an alle väter und

liebe gruesse an den rest.

StJohnSmith
09.05.2002, 23:48
Hi tina,

ich verstehe die Problematik, die du ansprichst. Die Diskrepanz zwischen persönlichem Anspruch und Alltags-Realität. Und dann ist da natürlich noch das Problem, wie jemand, der im Krankenhaus arbeitet, all das menschliche Leid verkraften kann, ohne selbst Schaden an seiner Seele zu nehmen. Sicher geht es nicht ohne innere Distanz.

Ich denke aber, in dem vorliegenden Buch geht es weniger um die im Krankenhaus Beschäftigten, mehr um die Angehörigen der Patienten.

Vorallem aber - und ich denke das ist das wesentliche Anliegen des Autors - geht es um die Selbstfindung des Patienten, um die Bereitschaft zur Akzeptanz des Unabänderlichen und darum, dennoch Mut zu haben und die Hoffnung nicht aufzugeben.

Ich weiß, das ist jetzt sehr unkonkret, aber ich möchte an dieser Stelle nicht näher ins Detail gehen, um hier nicht zuviel von dem Inhalt dieses Buchs zu erwähnen. Denn ich habe die Hoffnung, daß vielleicht der ein oder andere dieses großartige Buch auch noch lesen möge. :yinyang:

tina
10.05.2002, 10:12
hi St.John,
klar, du hast recht, es werden sehr viele verschiedene bereiche von problematiken angesprochen.
"die akzeptanz des unabänderlichen"? schwieriges
thema. und individuell verschieden.
das buch zeigt auch auf, dass bestrahlung und
chemotherapie nur bedingt helfen z.b.
aber in der phase hoffnung machen die meisten alles mit, da haben sie die krankheit noch nicht
akzeptiert. ich bin gegen chemotherapie, aber nicht gegen das kämpfen. so leicht würde ich mich
nicht reinfinden. hoffentlich komme ich nie in eine solche situation.
ich kann jedem das buch nur empfehlen (als urlaubslektüre aber nicht unbedingt, obwohl-gerade da hat man ja mehr zeit)
bye