PDA

Vollständige Version anzeigen : Eine Initiative will sich an AOL rächen


HansA
26.12.2001, 18:26
sie schickt eine Million CDs an den Absender zurück

Weihnachten ist die Zeit des Gebens. Unsere Lieben bekommen von geschulten Verkäufern aufwändig verpackte Preziosen, die Spendensammler gehen mit vollen Dosen aus den Häusern, sogar Postboten und Müllmänner - pardon: Postzusteller und Abfalltechniker werden Ziel unserer Großzügigkeit.

Doch kaum eine Firma ist mit den beiden letztgenannten Berufsgruppen so verknüpft wie AOL. Was der eine in mühseliger Kleinarbeit in unsere Briefkästen befördert, holt der andere kurz darauf wieder ab: AOL-CDs. Es ist an der Zeit, uns auch bei dem sympathischen Provider aus Amerika zu bedanken. Schicken wir AOL ein Päckchen.

Millionenfach verschickt AOL seine berüchtigte Zugangssoftware in deutsche und amerikanische und überhaupt in alle Haushalte, von denen man vermuten könnte, dass sie über einen Computer oder auch nur einen Stromanschluss verfügen. Ausreden wie "Ich habe gar keinen Computer" helfen nicht. Schließlich könnte der Betreffende sich eines Tages einen Computer kaufen - und dann wäre die passende Internetzugangssoftware schon vor Ort. Selbst wer seinen Briefkasten mit düsteren Morddrohungen gegen den schmückt, der Werbepost abliefert, kann den runden Plastikscheiben kaum ganz entgehen. In Supermärkten, Computergeschäften und sogar in Banken, sie purzeln aus Zeitungen und höchstwahrscheinlich finden sich auch einige im Hamburger Fußballstadion. Nicht einmal eine AOL-Mitgliedschaft bewahrt vor weiteren CD-Zusendungen.

Ein unhaltbarerer Zustand - so fanden Jim McKenna und John Liebermann aus Berkeley. Sie gründeten kurzerhand die Aktion Nomoreaolcds. Eine ganze Million AOL-CDs wollen sie sammeln, um sie schließlich in einem Triumphzug zur AOL-Zentrale in Virginia zu transportieren - immerhin schlappe 4700 Kilometer. Dort werden sie dem Internetkonzern demonstrieren, wie lästig CDs sein können, indem sie die ganze Ladung vor dem Haupteingang auskippen.

McKenna und Liebermann wollen nicht warten, bis AOL ihnen die benötigten CDs nach und nach selbst zustellt. Sie appellieren an die AOL-Genervten weltweit, Ihnen die überzähligen CDs zuzuschicken.

An die CD-Sammler werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Wer die soziale Tour mag, geht bei Freunden und Verwandten für den guten Zweck sammeln. Wer es leichter haben will, schnappt sich einfach eine Spindel Werbe-CDs im nächsten Supermarkt oder im Computergeschäft. Wer ganz fies ist, bestellt sich einen ganzen Packen direkt von AOL - vielleicht unter dem Vorwand, einen Internetkurs zu veranstalten. Porto und Verpackung müssen die Zusender allerdings alleine bezahlen.


Gewichtige Ladung


Obwohl die Webseiten der Aktion noch etwas ungelenk erscheinen, springt die Idee über. Mittlerweile gibt es eigene Sammelaktionen in Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Webspace zu besorgen war kein großes Problem, die Transportkosten sind schon schwieriger zu decken. Eine einzelne CD ist zwar leicht, ein paar Hundert Exemplare bringen aber schon ein erkleckliches Gewicht auf die Waage. So wog die größte Einsendung, ein Paket mit 977 CDs, über 15 Kilo. Die gesamte Million wird - so rechnen es uns die Initiatoren vor - über 17 Tonnen wiegen.

In Deutschland hat Riccardo Amm die Koordination übernommen. Er bietet auf www.nomoreaolcds.org praktischerweise auch einen Anti-AOL-Aufkleber für den Briefkasten an. Er ist zuversichtlich, dass die Aktion zum Erfolg führt - vielleicht schon im nächsten Jahr. An Heiligabend 2001 fehlen dazu noch 992,192 Stück, 7808 sind schon gesammelt. Sollten die fleißigen Sammler in den nächsten 12 Monaten erfolgreich sein, gibt es vielleicht eine schöne Weihnachtsbescherung 2002. Ho ho ho.