Alt 11.01.14, 18:37
Standard So tickt die Börse: Erste Wolken ziehen auf
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Es wird langsam spannend an den Börsen: Die heutigen Arbeitsmarktdaten aus den USA waren ein Schlag ins Gesicht für jeden Konjunkturoptimisten. Zwar ist die Arbeitslosenquote dort von 7% auf 6,7% gerutscht, dem niedrigsten Stand seit Anfang 2008, doch die Ziffer trügt. In die Arbeitslosenquote gehen nur die ein, die staatliche Hilfe erhalten. Die Hilfe läuft jedoch nach einiger Zeit aus, und die meisten melden sich dann nicht mehr arbeitssuchend, fallen also aus der Statistik heraus.

So ist denn auch die Zahl derer, die dem Arbeitsmarkt zugerechnet werden, prozentual auf dem niedrigsten Stand seit 1978. Viele haben resigniert und arrangieren sich mit dem Fakt, keine Arbeit zu bekommen.

So ist die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze stets wichtiger als die Arbeitslosenquote. Diese Ziffer zeigt, ob und wie stark die Konjunktur anzieht. 200.000 neu geschaffene Arbeitsplätze wurden heute erwartet, es waren denn aber nur 78.000.

Es handelt sich meiner Ansicht nach um einen negativen Ausreißer, der nicht die konjunkturelle Besserung der USA in Frage stellt. Doch dieser Ausreißer zeigt, dass die US-Konjunktur alles andere als stabil ist. Und es gibt einige Ereignisse, die in den nächsten Wochen negative Störungen hervorrufen können.

Doch schauen wir zunächst einmal zurück auf die ersten Handelstage des Neuen Jahres. Bitte beachten Sie, dass die folgende Tabelle nicht die Wochenveränderung, sondern die Veränderung zum Jahreswechsel zeigt.

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

INDIZES (09.01.2014) | Woche Δ

Dow Jones: 16.445 | -0,8%
DAX: 9.422 | -1,4%
Nikkei: 15.912 | -2,3%
Euro/US-Dollar: 1,36 | -1,0%
Euro/Yen: 142,82 | -1,5%
10-Jahres-US-Anleihe: 2,96% | -0,06
Umlaufrendite Dt: 1,63% | 0,02
Feinunze Gold: $1.233 | 3,0%
Fass Brent Öl: $107,12 | -3,7%
Kupfer: 7.251 | -1,7%
Baltic Dry Shipping: 1.706 | -24,2%



Nachdem vor dem Jahreswechsel viele insbesondere institutionelle Anleger noch eine hohe Aktienquote ausweisen wollten und somit noch kauften, was das Zeug hielt, wurden in den ersten Tagen des neuen Jahres zunächst einmal Gewinne gesichert. So beträgt das Minus im Dow Jone 0,8%, beim DAX 1,4% und beim Nikkei sogar 2,3%.

Der Euro kam unter Druck nachdem EZB Chef Supermario Draghi nochmals betonte, im Falle einer Verschlechterung der Konjunktur weitere Maßnahmen zu ergreifen. Er wies allerdings diesmal auch darauf hin, dass die EZB für Maßnahmen in beide Richtungen gewappnet sei, also auch für straffende Maßnahmen, sollte sich die Konjunktur verbessern. Dabei spielte er jedoch lediglich auf die Liquiditätsspritzen an, die nach wie vor laufen. Der Zins, so Draghi, werde für eine lange Zeit auf dem niedrigen Niveau bleiben.

Der Rückgang der Inflationsrate im Dezember von 0,9% auf 0,8% deutet jedoch darauf hin, dass Draghi eher eine weitere Lockerung im Blick hat. Das "D-Wort" gewinnt wieder an Popularität: Deflation! Das Schreckensgespenst eines jeden Volkswirts.

Deflation setzt einen zerstörerischen, sich selbst verstärkenden Zyklus in Gang: Was heute teuer gekauft werden kann, wird morgen günstiger angeboten. Also warten Konsumenten als auch Unternehmen mit Käufen und Investitionen lieber ein wenig länger ab, was zu einer Zurückhaltung führt, die die Wirtschaftsschwäche noch mehr belastet und damit die Deflation weiter verschlimmert.

Deutschland ist nach wie vor Musterschüler der EU und freut sich über eine gesunde Wirtschaft. Immerhin wird das inzwischen zunehmend auch von den anderen europäischen Partnern anerkannt: Die anderen gesunden nicht, wenn Deutschland geschwächt wird. Dies hat auch Draghi in seinem Bericht betont.


ALCOA: ÜBERRASCHEND SCHWACHE ZAHLEN

Gestern Abend hat Alcoa als erstes großes Unternehmen Quartalszahlen veröffentlicht. Die Zahlen fielen verheerend aus, waren jedoch gespickt von Sondereffekten. So wurden Wertberichtigungen vorgenommen und Rechtsstreitigkeiten teuer beigelegt. Aber auch ohne die Sondereffekte fiel der Gewinn deutlich schwächer aus als erwartet, und entsprechend negativ reagierte die Aktie von Alcoa.

Alcoa wird stets als Barometer für die Berichtssaison genommen. Aluminium geht in so viele Bereiche der Wirtschaft ein, dass man daraus bereits einen ersten Trend abliest. Nieten für die Flugindustrie, viele Teile im Motorblock der Autoindustrie, teilweise sogar Karosserieteile. Diverse Kühlaggregate verschiedenster Maschinen und Konsumartikel (Apple iPad, MacBook, ...).

Doch die erste Reaktion auf die schlechten Alcoa-Zahlen blieb auf Alcoa beschränkt. Die negative Signalwirkung der Alcoa-Zahlen hat offensichtlich nachgelassen. Mich überrascht dies, und es macht mich noch ein wenig skeptischer.

Ich habe mir also die Zahlen von Alcoa einmal näher angeschaut. Dabei habe ich bemerkt, dass viele Absatzprobleme von der chinesischen Abnahmeseite herrühren. Kraftwerke in Europa und den USA wurden in den vergangenen Jahren mit Aluminiumteilen aufgerüstet, um umweltfreundlicher zu sein. Dieser Prozess ist abgeschlossen, und nun wartet Alcoa darauf, dass dieser Prozess in China an Fahrt gewinnt - vergeblich.

China hat selber eine Reihe von Aluminiumproduzenten, die inzwischen auch brauchbares Aluminium produzieren. Und gleichzeitig schwächelt die Nachfrage aus China, die dortige Konjunktur ist in den vergangenen Wochen ins Stocken geraten.


SAMSUNG: WETTBEWERB WIRD SCHÄRFER

Auch Samsung hat bereits Zahlen vorgelegt. Die Koreaner leiden unter dem zunehmenden Wettbewerbsdruck. Zum einen hat Apple zum jüngsten Weihnachtsquartal eine Armada an neuen Produkten in den Markt gegeben, sodass die High-End Geräte einen stärkeren Wettbewerb erfuhren. Zum anderen gibt es immer mehr Billig-Smartphones von chinesischen und taiwanesischen Herstellern, die das untere Marktsegment erobern.

So blieb insbesondere der Gewinn von Samsung hinter den Erwartungen zurück, die Aktie gab inzwischen 10% ab.


Während also an den Börsen unter den Anlegern mit großer Gewißheit eine Fortsetzung der Rallye erwartet wird, werden die ersten Unternehmensmeldungen dieser Erwartung nicht gerecht.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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