Alt 02.04.16, 01:28
Standard So tickt die Börse: Kursrutsch trotz positiver Konjunkturdaten
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Eine Reihe von Warnsignalen hatte ich Ihnen vor einer Woche aufgezeigt, insbesondere aus Sicht der Sentimentanalyse fehlte Kaufbereitschaft, die für weiter steigende Kurse hätte sorgen können. Zudem gab es in den Vorwochen einige Korrekturen, die zum Aufbau von Positionen genutzt wurden. So ist es heute nicht verwunderlich, dass der DAX mit dem Unterschreiten der 9.800 Punkte weiter nach unten durchrutscht.

Doch ich würde diese Korrektur nur als eine Reaktion auf die guten Meldungen der vergangenen Wochen sehen. Es war keine wirkliche Überraschung, dass Janet Yellen Mitte März von einer weiteren Leitzinsanhebung in den USA absah. Diese Woche sattelte sie sogar noch eins drauf, sie ließ verlauten, dass die aktuelle wirtschaftliche Situation weltweit nicht zufriedenstellend sei und dass sich ihre Zinspolitik auch an diesem Umstand orientieren werde. Sprich: weitere Zinserhöhungen in den USA sind zwar nicht vom Tisch, aber auf der Zeitachse weiter nach hinten verschoben.

Die USA bleibt also bei der lockeren Zinspolitik, ein Überschießen der US-Dollars gegenüber dem Euro in Richtung Parität (1:1 USD/EUR) ist damit nicht mehr in Sicht. Auch gegenüber dem japanischen Yen gibt der US-Dollar wieder deutlich ab. So werden die japanischen Exporte auf den Weltmärkten teurer, die Politik des billigen Geldes in Japan droht zu versagen. Heute Nacht wurde der Tankan-Report in Japan veröffentlicht. Der Stimmungsindex fiel schwächer aus als erwartet und deutet darauf hin, dass die japanische Konjunktur trotz ultra-lockerer Geldpolitik nicht an Fahrt gewinnt. Der Nikkei schloss heute mit -3,55%.

Die entsprechenden Stimmungsindizes in China, Deutschland und den USA hingegen sind besser ausgefallen als erwartet. Die konjunkturelle Erholung in Europa ist auf Kurs. China hat meines Erachtens das Schlimmste überstanden und die USA haben dank des Einlenkens von Janet Yellen nun auch wieder mehr Zuversicht. Der schwache US-Dollar wird dort automatisch für höhere Gewinne insbesondere bei international agierenden Unternehmen sorgen.

Was also belastet heute die Börsen? Der Krieg in Syrien? Nein, der ist ja laut Medienberichten beendet. Die Flüchtlingskrise? Welche Flüchtlinge? Die sind ja alle in der Türkei und in Griechenland. Und die in Griechenland befindlichen Flüchtlinge werden kommende Woche in die Türkei abgeschoben. Dafür wird dann eine Handvoll Flüchtlinge aus der Türkei in die EU verteilt.

Ist Ihnen aufgefallen, dass die Situation in den "Hot Spots" und Auffanglagern nicht besser ist als vor einem halben Jahr? Damals war die Empörung in den Medien groß, Flüchtlinge so menschenunwürdig zu behandeln. Heute werden die Flüchtlinge als Krawallmacher dargestellt, gegen die mit mit Blendgranaten vorgegangen wird (letzte Nacht in Chios). Bin ich froh, dass ich nicht in der Politik unterwegs bin, denn diesen Spagat zwischen Moral und Pragmatismus würde ich nicht schaffen.

Wieder einmal wird es schwer sein, das Ergebnis zu akzeptieren. Das war schon im Ukraine-Konflikt schwer, doch inzwischen wird die Aufhebung einiger Sanktionen gegen Russland diskutiert, obwohl sich die Situation kein Stück verbessert hat. Das ist schwer hinsichtlich des Syrien-Kriegs, den der "Schlächter von Damaskus" nun zu gewinnen scheint. Und das ist schwer hinsichtlich der syrischen Flüchtlinge in Griechenland, die nach wie vor zu einem sehr großen Teil um ihr Leben fürchten.

Eine Entwicklung haben wir fast aus den Augen verloren, doch genau diese ist nun verantwortlich für den heutigen Ausverkauf. Doch schauen wir zunächst einmal auf die Wochenveränderung der wichtigsten Indizes:

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

INDIZES (31.03.2016) | Woche Δ

Dow Jones: 17.753 | 1,1%
DAX: 9.966 | -0,6%
Nikkei: 16.758 | -1,4%
Shanghai A: 3.143 | -0,2%
Euro/US-Dollar: 1,14 | 1,9%
Euro/Yen: 128,11 | 1,8%
10-Jahres-US-Anleihe: 1,81% | -0,08
Umlaufrendite Dt: 0,05% | -0,07
Feinunze Gold: $1.234 | 0,9%
Fass Brent Öl: $40,35 | -5,1%
Kupfer: 4.843 | -4,3%
Baltic Dry Shipping: 429 | 7,0%



Es ist deutlich zu sehen, dass der Euro gegenüber dem US-Dollar nach den Worten von Janet Yellen stark zugelegt hat (+1,9%). Das hilft amerikanischen Unternehmen, entsprechend konnte der Dow Jones um 1,1% zulegen, während Dax (-0,6%), Nikkei (-1,4%) und Shanghai A-Index (-0,2%) abgaben.

Die anhaltende Liquiditätsflutung hält das Zinsniveau niedrig, in den USA ging die Rendite 10-Jahre laufender Staatspapiere nochmals um 0,1% auf 1,81% zurück, in Deutschland nähern wir uns mit -0,1% auf 0,05% der Nulllinie. Nicht nur der sichere Hafen in Form von Staatsanleihen wird gesucht, sondern auch das Gold kann weiter zulegen (+0,9% auf 1.234 USD/Uz).

Rohstoffe hingegen haben ein wenig abgegeben, das Öl um 5,1% auf 40,35 USD/fass, das Kupfer um 4,3%. Diese Entwicklung passt nicht ins Bild, zumal auch der Baltic Dry Verschiffungsindex wie erwartet weiter zulegen kann (+7%).
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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