Alt 17.05.17, 17:25
Standard Neue BaFin-Regelung zur Nachschusspflicht – die Folgen für CFD-Händler
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Das Echo aus den Händler-Communities hätte kaum größer sein können. Nachdem Anbieter für den Binärhandel in der Vergangenheit beispielsweise in Belgien und anderen europäischen Ländern unter politischem Beschuss standen, nahm sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nun abermals der Thematik des CFD-Handels an. Schon des Öfteren waren Forderungen aus verschiedenen Richtungen laut geworden, die Aufsichtsorgane müssten hochriskanten Handelsmodellen endlich einen Riegel vorschieben, wenigstens aber strengere Auflagen und Kontrollmechanismen schaffen. Nun also die zunehmend auch privaten Anlegern beliebten Differenzkontrakte – die deutsche Finanzaufsicht verbietet nun Hebelprodukte. Wobei – so ganz richtig sind viele diesbezügliche Medienberichte eben nicht, wie Leser im weiteren Verlauf erkennen werden.

Der Anfang vom Ende beim Handel mit gehebelten CFDs?

In vielen Portalen rund um das CFD-Thema wurde nach Bekanntgabe der des Verbots heftig diskutiert, ob die neuen BaFin-Vorgaben nun das Ende des CFD-Handels am deutschen Markt einläuten könnten. Viele Anleger sehen sich in ihrem Entscheidungsspielraums beschnitten, Befürworter hielten den Ausschluss von Differenzgeschäften für den Privatkunden-Bereich durch die staatliche Aufsichtsbehörde für überfällig. Sieht man genauer hin, verbietet die BaFin tatsächlich nur CFDs mit der sogenannten Nachschusspflicht. Broker und Banken dürfen diese Produkte privaten Händlern in Zukunft nicht mehr wie bisher zugänglich machen, wie die Richtlinie bestimmt. Die Reaktionen der Diskussionsteilnehmer sind insofern nachvollziehbar, da es sich im Grunde um die erste Maßnahme dieser Art von Seiten der BaFin handelt.

Bisher hatte die Behörde darauf verzichtet, ganze Produktgruppen zu untersagen. Und sieht man einmal genau hin, ist es auch kein vollständiges CFD-Verbot, auch wenn die Nachricht bei manchen Kunden vielleicht eben diesen Eindruck erwecken mag.

Entgegenkommen der Branche reichte der BaFin scheinbar nicht

Hintergrund des Verbot war und ist nach Aussagen der Behörde, dass die Risiken eines Verlusts für private Broker- und Banken-Kunden kaum kalkulierbar seien, wie es die BaFin-Chefin Elisabeth Roegele in der behördlichen Stellungnahme verlautbaren ließ. Gänzlich überraschend kommt das Verbot letzten Endes nicht, denn von Seiten der Bundesanstalt hatte es seit Dezember 2016 mehrfach entsprechende Ankündigungen zu Überprüfungen gegeben. Dass die Restriktionen nun wirklich in die Tat umgesetzt werden, kann für gut informierte Anleger an sich also nicht wirklich überraschend sein. Binnen drei Monaten, so die Bedingungen der Behörde, müssen Anbieter des CFD-Handels mit Nachschusspflicht nun auf die neuen Richtlinien reagieren.

Welche Folgen können die Vorgaben tatsächlich haben?

Fraglich ist, ob das Verbot wirklich allzu gravierende Veränderungen innerhalb der Branche nach sich ziehen wird. Denn viele Anleger, die über Differenzkontrakte mit geringem Kapitaleinsatz und Hebelfunktion auf Finanzwerte wie Aktien, Devisen oder Rohstoffe wetten, suchen heute ohnehin mehrheitlich Broker für den Handel aus, die die Nachschusspflicht in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen explizit ausschließen. Laut aktuellen Erhebungen ist dieses Risiko aktuell bereits bei neun von zehn Anbietern ausgeschlossen.

Viele Broker schließen Nachschuss schon länger aus

Nur wenige Broker, die am Markt vertreten sind, arbeiten noch mit der Nachschusspflicht, die für Trader bedeutet, dass sie bei falschen Entscheidungen ein Vielfaches ihres eigenen Kapitals und Einsatzes verlieren können. Richtig ist: Die BaFin möchte diese Grauzone des Handels nun scheinbar endgültig trocken legen. Einige Branchenkenner rechnen damit, dass dies nur der Verbotsschritt sein könnte. Schon jetzt gehen Analysten zum Teil davon aus, dass im nächsten Schritt auch die sogenannten Leerverkäufe für den Privatsektor untersagt werden können – gerade weil die Nachschusspflicht in diesem Bereich eine große Rolle spielen kann.

CFD-Branche spricht von eher wenigen Nachschuss-Fällen

Angesichts der zahlreichen Dienstleister ohne Nachschusspflicht stellt sich also die berechtigte Frage, was dies für die übrigen Anbieter bedeutet. In etlichen Fällen, in denen Broker und Banken ihre Geschäftsmodelle umgestellt haben, führte dies zu steigenden Kosten für Kunden. Der starke Wettbewerb am Markt könnte diese Veränderungen jedoch verhindern, da die Betreiber sonst Kunden verlieren könnten.

Interessant ist auch ein Blick in die Daten des CFD-Verbands, der für das Jahr 2015 lediglich max. 3.000 Nachschüsse auf eine Gesamtmenge von mehr als 70 Millionen Transaktionen am deutschen Markt nennt. Zudem fielen die Nachschüsse laut Verband eher gering aus und bewegten sich vielfach lediglich im niedrigen dreistelligen Eurobereich. Das Verbot zeigt aber, dass das Versprechen strengerer Selbstverpflichtungen von Seiten der Anbieter-Branche von Anfang 2016 von den BaFin-Experten wohl nicht als ausreichend empfunden wurde.

Deutsche Aufsichtsbehörde hält sich bisher zurück

Indes: Die Aufsichtsbehörden in anderen Ländern der EU präsentieren sich weitaus strikter und haben schon weitaus härtere Geschütze gegen den CFD-Handel und andere Modelle des Derivathandels aufgefahren. Beispielsweise in drastischen Begrenzungen hinsichtlich des Handels mit Hebelwirkung. Es bleibt also spannend, liebe Leser, was hierzulande noch auf Banken, Broker und Anleger zukommen wird. Und wenn alle Stricke reißen, können Anleger ja immer noch zu Anbietern mit Sitz im Nicht-EU-Ausland wechseln, auch wenn die Rechtslage dort vielleicht weniger kundenfreundlich ausfallen mag als hier …

Ihr Sebastian Hell
Geschäftsführer QTrade
www.qtrade.de
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Sebastian Hell die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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