Alt 05.08.16, 18:01
Standard So tickt die Börse: Ölpreiseinbruch durch Angebotsausweitung
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Minus 3,2% im DAX binnen zwei Tagen. Montag früh eröffnete der DAX bei 10.450 Punkten und brach dann bis Dienstag Abend auf 10.109 Punkte ein. Seit der Brexit-Entscheidung Ende Juni war der Index ohne nennenswerte Pausen um 12,5% angestiegen, da war dieser kleine Rückschlag überfällig. Doch war's das? Wird die Rallye nun wieder fortgesetzt?

Schauen wir uns zunächst einmal die Gründe für den Rückschlag an. Im Wesentlichen wurde die Rallye der vergangenen Wochen durch die überraschende Erkenntnis getragen, dass der Brexit eben nicht zu einem unmittelbaren Chaos in Europa führte. Das Finanzsystem hat reibungslos funktioniert, obwohl den Banken in Europa große Schwächen nachgesagt werden. Die Welt ist also wider Erwarten noch nicht untergegangen, Großbritannien ist nicht im Meer versunken.

In der Euphorie dieser Erkenntnis wurden sogar eine Reihe negativer Entwicklungen übersehen: Das Verbrauchervertrauen war rückläufig, der Einkaufsmanagerindex war rückläufig und sämtliche volkswirtschaftliche Institute haben ihre Wachstumsprognosen leicht gesenkt.

ÖLPREISEINBRUCH DURCH ANGEBOTSAUSWEITUNG

Dann begann der Ölpreis zu sinken, was in der durch festgezurrte Algorithmen definierten Finanzwelt von heute gleichbedeutend mit wirtschaftlicher Abschwächung ist, es werden Aktien verkauft. Doch die Verkäufe wurden aufgefangen, in die Rallye hinein gab es genügend Nachfrage, die diese Verkaufsorders auffingen.

So fiel der Ölpreis von 50 auf 45 USD/Fass WTI und sackte am Dienstag sogar kurzzeitig unter 40 USD/Fass. Das war dann doch zuviel, nun wurden auch die Aktienmärkte ausverkauft.

Ich hatte Ihnen im Mai geschrieben, dass einer der wesentlichen Gründe für den Ölpreisanstieg in kanadischen Feuern zu finden ist. In Kanada gab es Waldbrände in den Gegenden der Ölsandprojekte, so dass die Förderung von Öl maßgeblich beeinträchtig wurde. Etwa eine Millionen Fässer Öl pro Tag wurden dadurch weniger gefördert.

Die Feuer sind inzwischen erloschen, die Ölförderung läuft wieder in gewohnten Bahnen. So sind nun wieder täglich eine Millionen Fässer mehr Öl verfügbar als zuvor, und das drückt natürlich den Ölpreis. Wie immer sei darauf hingewiesen, dass wieder einmal die Angebotsseite für die Preisbewegungen verantwortlich ist, nicht die Nachfrageseite. In den vergangenen Jahrzehnten war es stets die Nachfrageseite, die den Ölpreis bestimmt hat, da das Angebot von der OPEC ziemlich gut angepasst wurde. Seit die OPEC jedoch nicht mehr funktioniert, also seit etwa zwei Jahren, wird maßlos gefördert und entsprechend bricht der Ölpreis ein, solange es nicht externe Ereignisse gibt, die das Angebot reduzieren.

Ich kann mir also kaum vorstellen, dass wir mit der Erholung des Ölpreises auf 41,70 USD/Fass die Ölpreiskorrektur abgeschlossen haben, ein Abrutschen in Richtung 35 USD/Fass halte ich derzeit für wahrscheinlicher.

ZIKA-VIRUS: REISEWARNUNG FÜR FLORIDA

Das in Südamerika grassierende Zika-Virus hat seinen Weg nach Florida gefunden, die USA haben erstmalig eine entsprechende Reisewarnung für Florida, hauptsächlich Miami ausgegeben. Dieser Schritt führt zu einer starken Verunsicherung in der Reisebranche, entsprechend haben viele US-Amerikaner ihre Reisepläne überdacht. Zudem bleiben die Menschen in Florida lieber zu Hause, als sich in Einkaufszentren zu stürzen. Es wird mit Beeinträchtigungen für die Reise- und Einzelhandelsbranche gerechnet, entsprechend sind eine Reihe von Aktien unter Druck geraten: Royal Caribbean, Carnival Cruises, aber auch Disney und diverse Fluggesellschaften.

GUTE Q-ZAHLEN STÜTZEN FRÜHZEITIG

Conti, Axel Springer, die Deutsche Post sowie Siemens haben sodann gute Quartalszahlen ausgegeben und Anlegern neue Zuversicht für die Aktienmärkte gegeben. Am Mittwoch ging's dann wieder bergauf mit dem DAX.

Aber auch die vorübergehende Euro-Stärke endete am Mittwoch, der Wechselkurs zum US-Dollar war zum Wochenauftakt von 1,115 auf 1,123 USD/EUR empor geschnellt, fiel dann jedoch wieder auf 1,112 USD/EUR zurück. Zunächst hatten gute Arbeitsmarktdaten aus Spanien das Vertrauen in die europäische Wirtschaft gestärkt, der Euro stieg an. Dann haben die USA gute Arbeitsmarktdaten veröffentlicht, was die vorangegangene Bewegung wieder egalisierte.

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

INDIZES 4.8.16 Woche Δ

Dow Jones 18.352 -0,6%
DAX 10.228 -0,5%
Nikkei 16.254 -1,3%
Shanghai A 3.122 -0,4%
Euro/US-Dollar 1,11 0,6%
Euro/Yen 112,56 -3,5%
10-Jahres-US-Anleihe 1,50% -0,01
Umlaufrendite Dt -0,19% 0,04
Feinunze Gold $1.364 2,1%
Fass Brent Öl $44,20 3,5%
Kupfer 2.170 -2,9%
Baltic Dry Shipping 636 -4,4%



Unterm' Strich hat der DAX seine zum Wochenbeginn erlittenen Verluste noch nicht ganz ausgeglichen, das Wochenminus beträgt 0,5%. Auch der Dow Jones endet mit einem Wochenminus von 0,6%. Besonders stark wurde der japanische Nikkei gebeutelt, dort hat das neu aufgelegte fiskalpolitische Konjunkturprogramm nicht die gewünschten Effekte nach sich gezogen. Auch die geldpolitische Flutung bleibt hinter den Erwartungen der Anleger zurück, die Bank of Japan hat eine entsprechende Entscheidung auf September verschoben. Somit wird nun an den Finanzmärkten kritisch hinterfragt, ob denn die Politik mit ihrem neuen Konjunkturprogramm, das erst spät seine Wirkung entfalten wird, mit der Notenbankpolitik koordiniert ist, oder ob es Reibungen zwischen Regierungschef und Notenbankchef geben könnte.

Entsprechend hat der Yen gegenüber dem Euro (+3,5%) als auch gegenüber dem US-Dollar (+4,1%) stark zugelegt. Fallende Aktienkurse und ein steigender Yen sind die direkten Resultate von Auflösungen von Carry-Trades, die ich an dieser Stelle vor einer Woche sowie Anfang Mai näher erläuterte. Spekulanten verkaufen ihre Aktienpositionen, um mit der generierten Liquidität ihre Yen-Kredite zurückzuzahlen.

Als Barometer der Verunsicherung betrachte ich die nach wie vor negative Umlaufrendite in Deutschland sowie den anhaltenden Goldpreisanstieg (+2,1%). Nachdenklich machen mich der rückläufige Kupferpreis (-2,9%) sowie der rückläufige Baltic Dry Verschiffungsindex. Beides deutet auf eine nachlassende Wachstumsdynamik insbesondere in China hin.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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