Alt 10.10.11, 10:45
Standard Erste Bewährungsprobe für die Mittelstandsanleihen - Marktturbulenzen setzen Bonds zu
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Das im August ausgelöste Erdbeben an den Finanzmärkten verursachte auch im jungen Markt der Mittelstandsanleihensegmente erhebliche Turbulenzen. Als objektiver Gradmesser für dieses Segment korrigierte der Anfang September veröffentlichte „bondm-Index“ der Stuttgarter Börse im Zeitraum zwischen dem 15. Juli und 5. September 2011 um rund 4% Indexpunkte.

Damit ist die gesamte Performance seit der Auflegung des Indexes am 1. Januar 2011 wieder bei null angelangt. Der „bondm-Index“ berücksichtigt zum einen die Kurssteigerungen der 18 notierten bondm-Anleihen und zum anderen die angefallenen Zinsansprüche seit Jahresbeginn. Diese Kurskorrektur hat natürlich einen entsprechenden Renditeaufschlag zufolge, der sich an der durchschnittlichen Umlaufrendite sämtlicher bondm-Anleihen widerspiegelt. Am 15. Juli lag die Gesamtrendite (Median) noch bei rund 6,9%. Am 15. September ist dieser Wert um rd. 160 Basispunkte auf rund 8,5% gestiegen.

Für mittelständische Unternehmen, die eine Refinanzierung an den Anleihemärkten beabsichtigen, bedeutet diese Entwicklung, dass sie höhere Kuponsätze in ihr Kalkül mit einbeziehen müssen. Diese Spread-Ausweitung kann aber nicht nur in der Mittelstandsanleihenwelt beobachtet werden, sondern auch unter den sog. Benchmark-Anleihen, die einen „Non-Investment-Grade“-Status aufweisen. So weitete sich der iTraxx Europe Crossover (Spread-Index für europäische „Non-Investment-Grade“-Anleihen) für eine Laufzeit von fünf Jahren um 304 Basispunkte von 4,42% (15.7.2011) auf 7,46% (5.9.2011) aus. Dem gegenüber ist die Umlaufrendite deutscher Bundesanleihen mit gleicher Laufzeit von 1,95% auf 1,00% merklich gesunken. In der Konsequenz verlangen damit aktuell Investoren in deutsche Eurobondemissionen der Kategorie „Non-Investment Grade“ einen effektiven Renditeaufschlag von rd. 200 Basispunkten gegenüber dem Monat Juli. Für einen Emittenten bedeutet diese Spread-Ausweitung von 200 Basispunkten eine Refinanzierungsverteuerung um rund 8%, wenn die Barwerte der vergleichenden Anleihen beider Zeitpunkte gegenübergestellt werden. Für den Anleiheemittenten ist es sicherlich tröstlich, wenn er die Kursabschläge in den Eigenkapitalmärkten heranzieht. Dort liegen die Bewertungsabschläge im gleichen Zeitraum im SDAX und MDAX bei 20% bzw. 22%.

Aufgrund der weiterhin sehr volatilen Aktien- und Bondmärkte sowie der bis Ende August üblicherweise anhaltenden Ferienperiode kamen sowohl der Primärmarkt für Anleihen als auch für Eigenkapital zum Erliegen. Der junge Markt der Mittelstandsanleihen steht nun vor der Herausforderung, dass die Aufnahmefähigkeit nach Beruhigung der Märkte schnell wieder vorhanden ist und damit der Nachweis erbracht wird, dass dieser Marktzugang auch nachhaltig funktioniert. Erste Anzeichen für eine schnelle Wiederbelebung des Marktes sind bereits da: Zum einen konnte Fresenius Medical Care jüngst zwei High-Yield-Benchmarkbonds zu 400 Mio. USD und 400 Mio. EUR mit jeweils 6,5% bei einer Laufzeit bis 2018 in sehr kurzer Zeit platzieren. Zum anderen wagen sich erste Mittelstandsanleiheemittenten wieder an den Markt. Seit dem 5. September 2011 kann die Anleihe der GIF-Gesellschaft für Industrieforschung mit einem Volumen von 15 Mio. EUR und einem Kupon von 8,5% gezeichnet werden, die eine Notierungsaufnahme im Düsseldorfer Mittelstandssegment anstrebt. Ab dem 19. September ist die Emission der ALBIS Leasing AG mit einem Volumen von 50 Mio. EUR und einem Kupon von 7,625% an der Mittelstandsbörse Hamburg/Hannover geplant.

Obwohl sich aktuell die Refinanzierungskonditionen für Anleihen merklich verteuert haben, bleiben die Vorteile einer Mittelstandsanleihe weiter attraktiv. Der umsichtige Unternehmer bedenkt, dass die Refinanzierungskonditionen bei den klassischen Hausbankkrediten nicht unberührt von den aktuellen Kapitalmarktgeschehnissen bleiben. Zudem ist eine gewisse Unabhängigkeit in der Finanzierung immer erstrebenswert.

Von Prof. Dr. Wolfgang Blättchen

Ursprünglich erschienen im GoingPublic Magazin 10/2011.
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